Juliette au Printemps Frankreich 2024 – 96min.

Filmkritik

Die Suche nach sich selbst

Emma Raposo
Filmkritik: Emma Raposo

Im vierten Spielfilm von Blandine Lenoir spielt Izïa Higelin Juliette, eine depressive junge Frau, die in ihr Heimatdorf zurückkehrt. Dort trifft sie auf ihre Familie und verarbeitet ihre Kindheitserinnerungen.

Juliette (Izïa Higelin), eine Illustratorin für Kinderbücher, war seit langem nicht mehr in ihrem Heimatdorf. Als sie von ihrer Depression überrollt wird, nimmt sie sich ein paar Tage Urlaub, um neue Kraft zu schöpfen. Schlaflosigkeit, zitternde Beine in der Nacht, Panikattacken und das Ausbleiben der Menstruation – Juliette leidet unter zahlreichen Beschwerden, deren Auslöser rätselhaft bleiben.

Als sie in ihren Heimatort ankommt, trifft sie auf ihren unkommunikativen Vater (Jean-Pierre Darroussin), der von ihrer Mutter, einer abgeklärten Künstlerin (Noémie Lvovsky), geschieden ist sowie ihre Schwester (Sophie Guillemin), die mühsam zwischen ihren Kindern, ihrem Mann und ihrer Arbeit jongliert, und ihre schon etwas senile Grossmutter (Liliane Rovère). In diesem heiteren Familienchaos versucht Juliette zurechtzukommen und herauszufinden, was die Ursachen für ihr Unwohlsein sind. Dabei schwelgt sie in Erinnerungen an weit zurückliegende, verdrängte und vergessene Erlebnisse.

Blandine Lenoir hat in ihren ersten drei Spielfilmen bereits zahlreiche Themen aufgegriffen. Unter anderem hat sie in ihren Filmen «Zouzou», «Madame Aurora und der Duft von Frühling» und «Annie Colère» über Abtreibung, Senior:innenliebe und die Menopause gesprochen. Mit «Juliette au Printemps» verfilmt die Regisseurin Camille Jourdys Graphic Novel «Juliette, les fantômes reviennent au printemps» und erzählt von einer Familie, wie es viele gibt: unvollkommen, mit Kummer, Freude und ihren gemeinsamen Momenten.

Der Film befasst sich in erster Linie mit Depressionen, taucht aber auch in Familienthemen und unbewusste Traumata ein, in denen das Unausgesprochene schmerzhafter ist als die Wahrheit. Gleichzeitig wirft der Film einen Blick auf die Beziehung zwischen den Geschwistern sowie auf die Rolle jeder einzelnen Person innerhalb der Familie und zeigt, wie die einen mehr Verantwortung übernehmen, um die anderen besser zu schützen.

Obwohl der Film auf einem skizzenhaften Drehbuch basiert, liegt seine Stärke zweifellos in seinen Charakteren, insbesondere in den bemerkenswerten Nebenrollen, die unter anderem von Sophie Guillemin, Jean-Pierre Darroussin und Noémie Lvovsky gespielt werden. Izïa Higelin verkörpert mit ihrer kindlichen Mimik und ihrem sanften Blick auf bewundernswerte Weise die Rolle der Juliette, einer jungen Frau, die noch immer versucht herauszufinden, wer sie ist, um sich weiterentwickeln zu können. Auf unprätentiöse Weise, langsam und mit kleinen humoristischen Momenten zeichnet «Juliette au Printemps» das berührende und einfühlsame Porträt einer Familie, die zwar einzigartig, aber dennoch wie alle anderen ist.

15.07.2024

4

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