La notte di San Lorenzo Italien 1982 – 107min.

Filmkritik

Ein Dorf kämpft ums Überleben

Filmkritik: Eduard Ulrich

Innerhalb weniger Tage entscheidet sich das Schicksal eines toskanischen Dorfes, das von den Nazis gesprengt wird.

Als dieser Film 1982 auf der Piazza Grande in Locarno einen überwältigenden Erfolg feierte, waren die dramatischen Ereignisse in der Toskana aus dem Jahr 1944 bereits Zeitgeschichte. Inzwischen wurde aber der Zweite Weltkrieg in verschiedenen Ländern zu einem wichtigen politischen Thema und spätestens seit dem Krieg in Bosnien ist auch im friedlichen Mitteleuropa persönlicher Kontakt zu Kriegsopfern entstanden. Ob es heutzutage zivilisierter zugeht, lässt sich nun bequem an einem beeindruckenden Werk der Filmgeschichte überprüfen.

Auch Historienfilme altern, obwohl sie schon damals, als sie entstanden, von etwas Vergangenem und damit Unveränderlichem erzählten. Natürlich verraten die filmischen Mittel die Entstehungszeit: die Musik, die Gesten, die Schnitte, die Kamerafahrten und die Art, wie eine Geschichte erzählt wird. Den erfolgreichen Brüdern Paolo und Vittorio Taviani ist mit ihrem berührenden Film über eine denkwürdige und exemplarische Begebenheit am Ende des Zweiten Weltkriegs eine auch heute noch gut verträgliche Mischung aus melodramatischen, pathetischen, poetischen und komödiantischen Elementen geglückt.

Die Bewohner eines wohlhabenden toskanischen Dorfes müssen sich auf Geheiss der Nazis in der Basilika einfinden, bevor ein Teil der Häuser als Vergeltung für einen Partisanenangriff gesprengt werden soll. Dem Bürgermeister kommt dieser Befehl indes verdächtig vor und als er auch von einem jungen Mitglied der mit den Nazis verbündeten italienischen Faschisten, mit dessen Vater er befreundet ist und den er schon kennt, seit jener ein Bub war, keine klare Antwort bekommt, schlägt er den Dorfbewohnern vor, diesen Befehl zu missachten und sich heimlich auf die Suche nach den angeblich nahen alliierten Truppen zu machen, obwohl die Nazis drohten, jeden zu erschießen, der nicht gehorche.

Ein Teil der Dorfbewohner vertraut sich allerdings dem Schutz der Kirche an und begibt sich in die Basilika, während die anderen nachts nach einem kargen, aber feierlichen Essen aufbrechen, welches als Anspielung auf das so genannte Letzte Abendmahl aus dem Neuen Testament inszeniert ist. Der starke, oft die Vernunft blockierende Einfluss des übermächtigen katholischen Glaubens und der strengen Traditionen wird noch mehrmals kritisch und in unmittelbar einleuchtenden Bildern thematisiert. Das weitere Schicksal der bis innerhalb einzelner Familien geteilten Dorfgemeinschaft liefert nun Spannung und Gelegenheit für sinnfällige Bilder von Hoffnung, Ahnung, Ungewissheit und Verzweiflung. Die geflohene Gruppe wird schliesslich in eine Auseinandersetzung zwischen Partisanen und Faschisten verwickelt, die in erschütternde Szenen aufgelöst ist, von denen man einige wohl nicht mehr vergisst. Dieser vielschichtige Film bleibt aktuell, solange es Bürgerkriege oder Besatzungsmächte gibt.

17.09.2020

4.5

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