The Matrix USA 1999 – 135min.
Filmkritik
Philosophie für Anfänger: Das metaphysische Gruseln
In naher Zukunft wird ein Computer-Hacker namens Neo (Keanu Reeves) entdecken, dass alles Leben auf der Erde nichts anderes als eine ausgekügelte Fassade ist. Plato und Konsorten hatten Recht: es gibt eine andere Welt hinter der sichtbaren, nämlich die Matrix, kontrolliert von einer übelwollenden Cyber-Intelligenz. Ein Sci-Fi-Abenteuer mit nie gesehenen Visuals. Mario Thymel-Geyer hat es für Sie ausprobiert.
Ein Mann und eine Frau in schwarzen Mänteln betreten ein öffentliches Gebäude und eröffnen ohne Vorwarnung das Feuer auf alles, was sich bewegt. Ich schaue mich verwirrt um. Bin ich soeben in meinem Zimmer im Chicago Holiday Inn erwacht und das Fernsehen zeigt, wie in den Tagen zuvor, Bilder aus der Columbine High School in Littelton, Colorado? Nein, ich bin noch immer im Kino und auf der Leinwand findet nicht das richtige Leben statt. Gut, da bin ich froh. Aber verunsichert bin ich schon etwas. Der Film eröffnet eine beängstigende Perspektive: Unser sogenanntes «wirkliches» Leben stellt sich als eine virtuelle Realität heraus, und die echte Realität ist so grauenhaft, dass man sie sich lieber gar nicht erst vorstellt. In einer mittelfernen Zukunft werden Menschen nicht in, sondern als Batterien gehalten. Von wem, wie und warum, soll nicht verraten werden.
Die Idee zum Film ist gut, wenn auch nicht übermässig originell, und die Umsetzung spannend. Keanu Reeves, uns anderswo schon als Buddha begegnet, spielt Neo, einen Computer-Hacker, dem anscheinend das FBI, aber in Wirklichkeit jemand viel schlimmerer auf den Fersen ist, und der im Lauf der Ereignisse lernen wird, dass man ihm in der grauenhaften wirklichen Wirklichkeit die Rolle des Erlösers zugedacht hat. Erste Hinweise darauf, dass etwas nicht stimmt, erhält er von Trinity (Carrie-Anne Moss) und einer geheimnisvollen Stimme aus dem Telefon. Ja, das Telefon! Es erweist sich in diesem Film als die Nabelschnur, die den Erwachten in der Welt der Illusion mit seinen Gefährten (Laurence Fishburne als Morpheus und Joe Pantoliano als Cypher) in der wahren Welt verbindet. Wer den Anschluss nicht findet, ist tot.
Wir wissen schon lange, dass Science Fiction nicht von der Zukunft, sondern von der Gegenwart handelt. «The Matrix» ist da keine Ausnahme. Philosophisch bewegt sich der Film innerhalb des Wissenshorizonts der heute Dreissigjährigen aus West Suburbia: Ein bisschen Zen, ein bisschen Allerweltsesoterik, viel Cyberspace und amerikanischer Alptraum, und irgendwo gegen Schluss die Liebe, die, so hört man, alles besiegt. Für die morgen Dreissigjährigen wird die Realität der Zukunft schon wieder anders aussehen, mit Ausnahme der Liebe vielleicht, die auch dann noch siegen wird. Im Filmischen ist eher die jüngere Generation angesprochen, die Generation der «Trench Coat Mafia» von Littleton. Es wird geballert, was das Rohr hergibt, die atemberaubenden Handgreiflichkeiten der Guten und Bösen machen jedem Hong-Kong Karatefilm Ehre, die Bilder sind cool, dreamy und versetzen den Betrachter in die Welt der Animes. Wenn es nach William Jefferson Clinton geht, werden die Trenchcoat Mafiosi von nun an ihren Ausweis zeigen müssen, wenn sie solche Filme sehen wollen.
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Kommentare
Ein absolutes Meisterwerk!
Ich werde bis ans Lebesnende süchtig nach dem Film sein!
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