The Yards - Im Hinterhof der Macht USA 1999 – 115min.

Filmkritik

Von Strassencodes und Sackgassen

Serge Zehnder
Filmkritik: Serge Zehnder

Das Verbrechen lauert überall. Auch auf den Schienen der New Yorker U-Bahn, oder besser gesagt, in jenen Firmen, die sich um Wartungs- und Bauaufträge im U-Bahn-Business balgen, wird alles andere als sauber gespielt. Eine mafiaähnliche Umgebung, in der Mark Wahlberg als Ex-Sträfling ein neues Leben zu starten versucht, sehr schnell aber erkennen muss, dass die Gesetze der Strasse keine Aussteiger dulden.

Nach vier Jahren aus dem Gefängnis entlassen, kehrt Leo Handler (Mark Wahlberg) in sein Viertel zurück. Freudig von Mutter Val (Ellen Burstyn) und Tante Kitty (Faye Dunaway) empfangen, will der Prügelknabe endlich auf legalem Wege weiterleben. Von seinen Freunden als loyaler Kumpel geliebt (er hat die Komplizen des Autodiebstahls, für den er verurteilt wurde nicht genannt), schliesst ihn besonders sein Jugendfreund Willie (Joaquin Phoenix) in die Arme, und zeigt ihm die neugewonnene Freiheit. Willie ist während Leos Absenz in der Zugbaufirma von Leos Onkel Frank (James Caan) die Leiter empor gestiegen. Als dubioser Strohmann sorgt er dafür, dass die Beamten der New Yorker "Subway"-Organisation bei Stimmung bleiben und der Firma lukrative Aufträge für die Wartung und Herstellung von U-Bahn-Waggons zuschlagen. Ein Business, dass schnelles Geld und geringes Risiko verspricht. Genau das richtige für Leo, der es sich zur Aufgabe gemacht hat, in Zukunft finanziell für seine Mutter Val aufzukommen. Val, die Leo alleine aufziehen musste und sich stets gegen Almosen gesträubt hat, sieht dieser Entscheidung mit gemischten Gefühlen entgegen. Zwar glücklich darüber, dass Leo für ihren Schwager arbeitet, weiss sie nur zu gut, mit welchen Methoden Frank sein Unternehmen führt. Methoden, vor denen Val ihren Sohn stets bewahren wollte, und nun mitansehen muss, wie der Sog des Verbrechens Leo ein weiteres Mal hineinzieht.

Filme über Verrat, Vergeltung und Erlösung erfordern oft eine grosse Staffelei, und gemalt wird mit einem dicken Pinsel. James Grays "The Yards" vollzieht hierbei einen Spagat, indem diese "grossen" Motive im kleinen, intimen Rahmen dramatisiert werden. Zwischenmenschliche Nuancen werden vom Drehbuch sorgfältig in die Story des strauchelnden Anti-Helden Leo eingebaut. Mit der Kamera oft nah an den Gesichtern der Protagonisten dran, ergibt sich so ein in grau-braunen Farben getauchtes Gesellschaftsbild. Von Menschen, die Illegalität als Notwendigkeit zum Überleben rechtfertigen. Ein Zwiespalt, der dem Regisseur und besonders den Schauspielern die Möglichkeit bietet, sich dramatisch dicht und eindringlich ins Szene zu setzen.

Obwohl es falsch wäre, aus diesem wunderbaren Ensemble einzelne Schauspieler hervorzuheben, sei hier dennoch kurz angemerkt, dass nach "The Yards" sämtliche Zweifel an Mark Wahlbergs und Joaquin Phoenix' schauspielerischen Qualitäten aus dem Weg geräumt sein dürften. Zusammen mit einem souveränen James Caan und einer rührenden Charlize Theron bilden Wahlberg und Phoenix das Fundament dieses an darstellerischen Glanzlichtern reichen Sittengemäldes. Gray, der in Queens aufgewachsen ist und die Gesetzmässigkeiten des "Hood" nur zu gut kennt, bringt auch bei seinem zweiten Werk persönliche Erfahrungen ein und verleiht dem Film eine Glaubwürdigkeit, die trotz der etwas pathetischen Schlussviertelstunde eine unglaubliche Faszination auf den Zuschauer ausübt.

22.11.2012

4

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