Anatomie Deutschland 2000 – 103min.
Filmkritik
Anatomie
Paula Henning (Franka Potente) ist der jüngste Spross einer Medizinerfamilie und voller Ehrgeiz. Sie will nicht wie ihr Vater (Rüdiger Vogler) bloss eine kleine Praxis betreiben, sondern in Wissenschaftskreisen Ansehen erlangen. Als Zweitbeste des Studienjahrgangs kommt sie diesem Ziel schon einen Schritt näher. Diese Leistung berechtigt zum Besuch des exklusiven Anatomiekurses von Professor Grombek (Traugott Buhre). Paulas Freude ist gross, währt aber nicht lange, denn schon bald nach Beginn des Kurses fallen ihr immer mehr Merkwürdigkeiten auf...
Paula entdeckt, dass an der altehrwürdigen Universität zu Heidelberg ein studentischer Geheimbund sein Unwesen treibt. Für dessen Mitglieder existieren ethische Grenzen in der medizinischen Forschung ganz einfach nicht. Durch ihre Nachforschungen begibt sich Paula in Todesgefahr, denn sie realisiert zu spät, dass der Anführer und Oberpsychopath des Geheimbundes sich ganz in ihrer Nähe bewegt.
Diese Plot-Anlage wäre für einen Horrorthriller durchaus brauchbar, wenn auch nicht sonderlich originell. Doch was die Werbung als "gnadenlos spannend" anpreist, ist in Tat und Wahrheit gnadenlos unbedarft und ungelenk. Eigentlich hat man von Regisseur und Drehbuchautor Stefan Ruzowitzky mehr erwartet, denn sein sperriges und anrührendes Heimatfilm-Melodram Die Siebtelbauern hat - wohl verfrüht, wie sich jetzt zeigt - viele dazu veranlasst, in Ruzowitzky die neue Hoffnung des deutschen Films zu sehen.
Anatomie ist hoffnungslos. Alles an Anatomie ist eine einzige grosse Lachnummer. Etwa die filmische Gestaltung der Ankunft der Protagonistinnen an der Uni Heidelberg, wo Ruzowitzky versucht, die Lässigkeit amerikanischer College-Filmchen "auf Deutsch" zu imitieren. Hier kann die fehlende Dynamik selbst nicht durch die Rhythmen eines fetzigen Soundtracks kompensiert werden. Wie hölzern und unbeholfen wirkt diese Episode! Holprig kommen die Dialoge denn auch im ganzen Film daher. Völlig unmotiviert werden die alleroffensichtlichsten Aussagen in Monologen breitgetreten, und als die Medizinstudis abends in der Studentenkneipe gemütlich (sic!) zusammensitzen und palavern, so hat dies etwa den Echtheitsgrad und den Charme einer oberammergauschen Komödienstadl-Aufführung.
Auch verschont uns Anatomie nicht vor moralischen Gemeinplätzen: Es sind nicht die Schreckensbilder von halb zerlegten Leichen oder ein "gnadenlos spannender" Plot, die einen in Anatomie das Fürchten lernen oder das Ende herbeisehnen lassen, sondern Platitüden der Art "Ja, ich bin nur ein kleiner praktizierender Arzt, aber dafür bin ich integer."
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