Filmkritik
Hoffen auf das grosse Los
Mougler und seine Freunde verbringen ihr Leben zwischen Schule und Strasse, kleinen Delikten und ihrer Hip Hop-Band. Zu Hause sind sie weder in New York noch in Paris, sondern in Libreville, einer Grossstadt im afrikanischen Staat Gabun.
Als dort der Kiosk von 'Dôlè', einem neuen Lottospiel, das mit einer Million Gewinnsumme lockt, seine Pforten öffnet, gerät die ganze Stadt ins Spielfieber. Alle träumen vom grossen Geld, um endlich der Armut entfliehen und ihre (materialistischen) Wünsche erfüllen zu können. Auch Mougler und seine Freunde phantasieren, was sie mit dem Geld anstellen würden. Doch während seine Freunde von Schleppkähnen, professionellen Musikgeräten oder Boxringen schwärmen, bräuchte Mougler das Geld dringend, um Medikamente für seine kranke Mutter besorgen zu können. Auf seinen Vater kann er dabei nicht zählen, da dieser sich als Säufer im Quartier herumtreibt und seine Familie schon lange vernachlässigt.Schnell erkennen die Jungs, dass ihre Gewinnchancen verschwindend klein sind und fassen den Plan, den 'Dôlè'-Kiosk zu überfallen. Doch dieser wird streng bewacht...
Nachdem der im Gabun geboren und aufgewachsene Regisseur Imunga Ivanga eine Filmschule in Paris besucht hatte, kehrte er für "Dôlè“ in seine Heimatstadt Libreville zurück und lieferte damit den ersten im Gabun gedrehten Spielfilm seit beinahe zwanzig Jahren. So ist die Entstehung des Films an sich schon eine kleine Sensation und lässt auch ein wenig über seine Schwächen hinwegsehen. Die Geschichte der Jungs aus dem Armenviertel, die mangels Perspektiven auf die schiefe Bahn geraten, wurde schon oft und bestimmt auch schon differenzierter, eindringlicher erzählt, doch spielt sie sich hier in einem Kulturkreis ab, der nicht nur in Europa selten auf die Leinwand gelangt, sondern auch in Afrika selbst, wo der Anteil afrikanischer Filme verschwindend klein ist.
Mougler und seine Freunde bewegen sich zwischen Tradition und westlicher Moderne. Die Eröffnungssequenz – französisch rappende Jungs auf dem versprayten Dach eines Betonblocks – könnte auch aus einem Pariser Vorort stammen, erst der Schwenk über die Dächer Librevilles führt uns nach Afrika. Ivangas Erzählweise wirkt keineswegs exotisch – das Afrikanische liegt wahrscheinlich eher in der Stimmung des Films, der Fröhlichkeit und Leichtigkeit angesichts der Probleme, mit denen die Jugendlichen konfrontiert werden. Zu einem grossen Teil liegt das an den erfrischenden jungen Laiendarstellern, die mehrheitlich selbst aus den Armenvierteln Librevilles stammen und so quasi sich selbst darstellen.
Am besten ist Dôlè aber dann, wenn er einen ironischen Blick auf die Verwestlichung der afrikanischen Welt wirft, beispielsweise die Uebergabe des Checks an einen Lotteriegewinner, die von einem schleimigen Moderator kommentiert und in der ganzen Stadt ausgestrahlt wird wie eine billige Gameshow.
Ein bisschen mehr von diesem Augenzwinkern hätte dem Film sicher gut getan. So bietet Dôlè einen harmlosen (verharmlosenden?), aber unterhaltsamen Blick in die Welt der Jugend einer afrikanischen Grossstadt.
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