Nur noch 60 Sekunden USA 2000 – 118min.
Filmkritik
Liebe geht durch das Zündschloss
Sechzig Sekunden brauchen professionelle Autoknacker, um ein Gefährt in ihre Diebeshände zu bringen. Diese Kleptomanenweisheit versucht Regisseur Dominic Sena zur abendfüllenden Geschichte auszuwalzen. Das Remake eines B-Movies von 1974 bietet jedoch weniger qualmende Reifen als erwartet und leidet an einer dünnen Story.
Der legendäre Autoknacker Randall "Memphis" Raines (Nicolas Cage), hat sich aus dem aktiven Berufsleben zurückgezogen - die illegale Existenz auf der Überholspur ist ihm zu heiss geworden. Seither bringt Memphis Kindern auf der Gokart-Bahn bei, wie man richtig Gummi gibt. Wer so kinderlieb ist, muss ein guter Mensch sein. Doch Cane wird von seiner dunklen Vergangenheit eingeholt.
Durch seine Exzellenz in der Disziplin Autoklau war Memphis seinem kleinen Bruder Kip (Giovanni Ribisi) ein Vorbild, dem dieser fleissig nacheifert. Doch entweder hat Kip bei der technischen Ausbildung geschlafen, oder seine Mutter hat die Intelligenz zugunsten von Memphis einseitig auf die beiden Brüder verteilt. Kip sieht nämlich die ideale Art und Weise ein Auto zu klauen darin, mit einem Kumpel vor dem Ausstellungsraum des Händlers vorzufahren, per Pflasterstein die Schaufensterscheibe einzuschlagen, dann im brandneuen Porsche mit viel Getöse durch die nächste Scheibe zu preschen, um abschliessend mit hundertfünfzig Sachen an einer unbeteiligten Polizeistreife vorbeizubrausen. Als die Gesetzeshüter als Gegenleistung das Hauptquartier von Kips Bande ausheben und drei Dutzend entwendete Luxuskarrossen beschlagnahmen, hat es sich Kip mit seinem Boss Calitri (Christopher Eccleston) endgültig verscherzt. Calitri muss die verlorenen Gefährte schleunigst ersetzen, denn in 72 Stunden erwartet ein Kunde die Lieferung von fünfzig ausgesuchten Modellen. Dieses Husarenstück kann natürlich nur Memphis Raines vollbringen. Um dessen Motivation zu steigern, setzt Calitri Kip in die Schrottpresse und stellt Memphis vor die Wahl: Autos klauen oder den Bruder aus der Presse kratzen. Memphis holt sich die Erlaubnis seiner Mutter, zum Wohle der Familie wieder gesetzlos zu werden, und legt los.
Spätestens jetzt müsste der Film einen Gang hochschalten, um auf Touren zu kommen. Regisseur Dominic Sena zieht es aber vor, Memphis Raines gemütlich in der Stadt herumspazieren zu lassen, seine alte Crew zusammenzutrommeln und weibliche Kosenamen für die Autos auszuhecken. Nebenplots verschleppen die Haupthandlung, die sich letztendlich auf den Diebstahl von fünfzig Motorfahrzeugen beschränkt. Bei sechzig Sekunden pro Wagen ergibt dies allerdings Stoff für höchstens fünfzig Minuten Film.
Das gleichnamige Original von 1974 von H.B. Halicki (mit dem markigen deutschen Titel "Die Blechpiraten" und wunderbaren Charakternamen wie Maindrian Pace oder Pumpkin Chase) füllte die Restzeit mit einer vierzigminütigen Verfolgungsjagd, die als längste ihrer Art in die Filmgeschichte einging. Das Remake hingegen konzentriert sich vorwiegend auf die Figur des Memphis Raines, doch diese wirkt nicht übermässig interessant. Die eigentlichen Objekte der Begierde, luxuriöse Automodelle mit wohlklingenden Frauennamen, erscheinen äusserst spärlich im Bild.
Auch Angelina Jolie als Memphis' Exfreundin Sara Wayland verkommt zur unterforderten, hübschen Dekoration. Immerhin hat sie die Ehre, in einer der lächerlichsten Liebesszenen aller Zeiten mitzuwirken: Sara als Autodiebin aus Leidenschaft scheint nichts Erregenderes zu kennen als wenn ihr Memphis erotische Worte wie "Hydraulikkupplung" oder "Nockenwelle" ins Ohr haucht.
Regisseur Dominic Sena und Produzent Jerry Bruckheimer verstehen es zwar, ästhetische Bilder in bester Videoclipmanier zu liefern, doch die Geschichte hat zu viel Sand im Getriebe. Was hier stotternd vorfährt, ist kein Ferrari Testarossa, sondern ein japanischer Mittelklassewagen.
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Kommentare
Gelöschter Nutzer
Verfasst vor 16 Jahren
Schade habe ich den Film noch immer nicht gesehen...
Aber der Trailer verspricht alles, was ein wirklich guter Film haben muss.
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