Ein Freund zum Verlieben USA 2000 – 107min.

Filmkritik

Grosse Fragen, nächstbeste Antworten

Filmkritik: Kaspar Döbeli

John SchlesingersTragikomödie erzählt die Geschichte von Abbie und Robert, die eine unkonventionelle Familie gründen und dabei mit allerlei sozialen und emotionalen Problemen zu kämpfen haben. In diesem ein wenig dünn geratenen Film spielt Madonna als Yoga-Lehrerin in erster Linie sich selbst. Rupert Everett beweist nach "My Best Friend's Wedding" erneut, dass er in der Charakter-Kategorie "homosexueller, attraktiver, zuverlässiger und redegewandter bester Freund einer attraktiven Frau" kaum zu schlagen ist.

Die Yoga-Lehrerin Abbie (Madonna) und der homosexuelle Gärtner Robert (Rupert Everett) sind beste Freunde. Kaum ein Thema, welches sie nicht zusammen behandeln; kaum eine Sorge, welche sie ungeteilt lassen. Als Abbie nach zweijähriger Partnerschaft wieder Single und - als Enddreissigerin - immer noch familienlos ist, sitzt ihr Frust tief. Die gutgemeinten Ratschläge des ebenfalls (liebes-) glücklosen Robert helfen da nur wenig. Am amerikanischen Unabhängigkeitstag muss Robert das Haus eines reichen Ehepaars hüten. Abbie gesellt sich an diesem Abend zu ihm. Unter reichlichem Alkoholeinfluss schlafen die beiden miteinander. Dies stellt ihre Freundschaft auf eine harte Probe - bis Abbie erfährt, dass sie schwanger ist. Zur Verblüffung ihrer Freunde beschliessen sie und Robert, das Kind gemeinsam aufzuziehen. Fünf Jahre später. Die Party von Sams fünftem Geburtstag ist ein wunderbarer Anlass und Zeichen des Wohlergehens der kleinen Familie. Sowohl Abbie wie auch Robert konzentrieren sich ganz auf ihren Sohn. Misstöne des sozialen Umfeldes gibt es ob soviel Harmonie kaum noch. Doch dann lernt Abbie den attraktiven Investmentbanker Ben (Benjamin Bratt) kennen und lieben. Robert sieht das Unheil kommen, doch kann er nicht verhindern, dass die Familie langsam auseinander bricht. In der Folge werden aus den beiden guten Freunden Gerichtsgegner.

All jene, welche den Film vor allem sehen gehen, damit sie Madonnas Hit "American Pie" einmal in Dolby Surround hören können, müssen auf den Nachspann vertröstet werden. Auch für alle andern gibt es nur wenige Gründe, schon vorher ins Kino zu sitzen. Madonnas Schauspielkünste hinken ihren musikalischen Fähigkeiten weiterhin Meilen hinterher. Nur Rupert Everett (An Ideal Husband, My Best Friend's Wedding) und Benjamin Bratt* zeigen komödiantisches Talent. Ihre Einzeiler sitzen, und Everett glänzt in den Slapstick-Szenen erneut mit gutem Timing.

Die Wandlung der Geschichte von der heiteren Komödie zur Tragödie und zu den gesellschaftlich relevanten Fragen kommt überraschend. Sie wird von den eindimensionalen Figuren nicht mitgetragen. Das Drehbuch bemüht sich um grosse Themen, welche aber nur unzulänglich behandelt und vielfach gar mit einer billig-humoristischen Note abgetan werden: Angst vor Kinderlosigkeit, Sorgerechtsproblematik, die Frage nach dem Zusammenhalt einer Familie, homosexuelle Elternteile etc. All das wird mit grosser Kelle angerührt, aber kaum je zu Ende gedacht. Die Charaktere sind allzu flach gezeichnet, und das soziale Umfeld der beiden Hauptpersonen bleibt beinah unbeachtet. Die aktuelle Diskussion der Frage, ob homosexuelle Paare Kinder haben können und sollen, wird beispielsweise in folgendem Dialog abgehakt: "Wird das Kind auch homosexuell?", worauf Abbie antwortet: "Wird dein Kind auch blöd?".

Auf der anderen Seite wirkt "The Next Best Thing" durch seine Ambitionen überladen und in seinem krampfhaften Liberalismus fast schon wieder reaktionär. In dieser ambivalenten Umgebung sind die SchauspielerInnen mit der Darstellung von grossen Emotionen und kleinen Zwischentönen überfordert. Dies steht einem Spannungs- und Gefühlsaufbau zusätzlich im Wege. Darüber helfen auch die witzigen Einzeiler nicht hinweg.

25.05.2021

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