Das Zimmer meines Sohnes Frankreich, Italien 2001 – 94min.

Filmkritik

Tod und Trauer

Filmkritik: Katrin Gygax

In Filmen wird viel gestorben. Ein anständiger Krimi setzt eine Leiche voraus. Wo Action angesagt ist, werden ganz nebenbei Passanten über den Haufen geschossen oder gefahren usw. Ganz im Gegensatz dazu ist Trauer ein auf der Leinwand wenig gezeigtes Gefühl. Nanni Moretti setzt mit "La Stanza del Figlio" einen Kontrapunkt. Er erzählt einen ganzen Film lang nur davon, wie eine Familie mit dem Unfalltod ihres Sohnes umgeht.

Der Vater Giovanni (gespielt von Nanni Morett selbst), die Mutter Paola (hervorragend: Laura Morante) und die pubertierende Tochter Irène (Jasmine Trinca) versuchen je auf eigene Weise mit dem Schicksalsschlag fertig zu werden. Moretti nimmt sich Zeit. Zunächst einmal, um uns eine funktionierende Familie vorzuführen. Da stellt sich eine Schwester vor ihren Bruder, wenn der Vater ihm nicht glaubt. Der Vater seinerseits unterstützt den Sohn, als dieser beschuldigt wird, ein Fossil aus der Schulsammlung geklaut zu haben. Der Sohn wiederum gesteht der Mutter später, dass er das besagte Objekt tatsächlich gestohlen hat. Moretti gibt aber auch zu verstehen, dass sich zwischen Vater und pubertierendem Sohn langsam eine Entfremdung einschleicht, der Giovanni nur halbherzig entgegenwirkt. Er nimmt sich wohl vor, mehr Zeit mit dem Sohn zu verbringen, und doch gehen berufliche Verpflichtungen immer wieder vor.

Doch es ist nicht das Arbeitspensum des Vaters, das dem friedlichen Familienleben eine Ende setzt, sondern ein Tauchunfall des Sohnes. Sehr sorgfältig verfolgt Moretti nun seine Figuren durch das nächste Jahr und beobachtet, wie sie mit dem Verlust umgehen und sich in ihrer Hilflosigkeit immer weiter voneinander entfernen. Die Tochter, die zuerst fast übermässig erwachsen reagiert, verwandelt die Trauer in Aggression, die sie auf dem Sportplatz auslebt. Als Paola zufällig entdeckt, dass ihr Sohn eine Freundin hatte, versucht sie, den Kontakt zu ihr aufzubauen. Giovanni stösst bei der Arbeit als Psychiater an seine Grenzen und fängt an, alles was seine PatientInnen ihm erzählen, persönlich zu nehmen.

Moretti ist genau im Beobachten und respektvoll den Figuren gegenüber. Dennoch war die Kritik gespalten, als der Film am Festival in Cannes die goldene Palme erhielt. "Zu gefällig" lautete der Vorwurf, sogar "sentimental" war zu hören. Tatsächlich bietet "La Stanza del Figlio" keine Experimente, und seine Kühnheit besteht weder in filmischen Höhenflügen noch in überraschenden Wendungen der Handlung, sondern einzig und allein darin, einem im Kino sonst gerne ausgeklammerten Gefühl Raum und Zeit zu geben.

31.05.2021

4

Dein Film-Rating

Kommentare

Sie müssen sich zuerst einloggen um Kommentare zu verfassen.

Login & Registrierung

tuvock

vor 20 Jahren

Ein Film der realistisch ist und so traurig wie das Leben ist. Man stelle sich nur alleine die Vorstellung vor, wenn ein Kind stirbt, vor den Eltern, dann geht dieses gegen das Erlebte Idealbild des Lebens und man lebt das Schicksal eines Nicht wieder zu gut machenden Menschenlebens dahin.

Giovanni selbst ein Psychoanalytiker, täglich zu tun habend mit leicht geistig verwirrten Menschen und Frauen, mit Leuten jeden Alters und Standes, sieht sich in seiner ausweglosen Situation nicht verstanden, und versucht Auswegen zu finden die seinen abgrundtiefen Schmerz lindern. Das Leid ein Familienmitglied zu verlieren trifft tiefer als jeder Krieg den die Welt je erlebt hat. Das eigene Leben ist dann nichts mehr wert, und bewundernswert wie diese Familie die Dinge gemeistert hat. Der Film hat eine sehr gute ruhige Geschichte, neigt aber zur Langatmigkeit oder eher zur Langweiligkeit. Ein Film der einem Haltloses Weinen verspricht, und dem Zuseher falls weiblichen Geblütes tränendurchwirkte Augen beschert. Meine bessere Hälfte hat sich derweilen in die Bestandteile der Atomaren Welt aufgelöst, und sickerte durch die grobmaschigen Poren des Kinoteppiches.

Leises Schluchzen machte sich im Raum breit und war das Hintergrundgeräusch während der 2. Hälfte des Filmes, und dann auch nicht mehr wegzudenken. Der Film ist sicher sehr wertvoll und es ist ein wohldurchdachtes und meisterlich gedrehtes Drama, das seinesgleichen sucht. Aber er war für mich langweilig.

Auch wenn er höchste Bewertung verdient, die Geschichte war leider etwas fade. Fernab von jeder Hollywoodkitschkonvention angenehm anzuschauen ist er trotzdem nur ein Film der perfekt auf Video gebannt für den Sonntagnachmittag im Heimkino mit der Freundin im Arm besser wirkt, als auf Großleinwand.

Schließlich hat man Zu Hause immer Taschentuchvorrat.

Weinschneuzschluchzige

77, 10 von 100Mehr anzeigen


lukibuume

vor 22 Jahren

Brenenndes Thema etwas flach dargestellt.


lightcaster

vor 22 Jahren

Einfach nur langweilig. Miserable Story


Mehr Filmkritiken

Gladiator II

Red One - Alarmstufe Weihnachten

Venom: The Last Dance

Typisch Emil