Lantana Australien, Deutschland 2001 – 121min.

Filmkritik

Beziehungsgeflechte

Filmkritik: Senta van de Weetering

Lantana beginnt mit einer Leiche im Gebüsch, entwickelt sich jedoch bald zu einer Studie über neun Personen und ihre Beziehungen. Je mehr man über die Einzelnen erfährt, desto unwichtiger wird der Krimi-Aspekt. Ray Lawrence verteilt sein Interesse und seine Sympathie gleichermassen auf alle Figuren – gespielt werden sie unter anderem von Anthony La Paglia, Barbara Hershey und Geoffrey Rush. Dass es ihm gelingt, dieses Gleichgewicht zu halten, ist eine von vielen Stärken des Films.

Während des Vorspanns gleitet die Kamera über Lantana-Pflanzen, dunkelgrün, mit pink und orange leuchtenden Blüten. Sie nimmt sich Zeit, um in das immer dichtere Unterholz einzudringen, wo sie schliesslich auf eine Frauenleiche mit Ehering stösst. Das Bild wird auf der Tonspur von banalem Liebesgestöhn überlagert, und schliesslich verlässt auch die Kamera die Tote und zeigt den Polizisten Leon Zat (La Paglia) mit Jane (Rachael Blake) in einem reichlich unromantischen Hotelzimmer. Die leuchtenden Farben sind, wie alles, was künstlich wirken könnte, von diesem Moment an aus dem Film verschwunden, die Personen scheinen ungeschminkt, und auch sonst setzt Lawrence alles daran, für seinen Film einen möglichst realistischen Look zu erreichen.

Innenleben

Dadurch entsteht von Anfang an der Eindruck, man komme den Figuren sehr nahe, und das Drehbuch – nach einem Stück von Andrew Bovell von Autor und Regisseur gemeinsam geschrieben – gewährt immer tiefere Einblicke in ihr Innenleben. Nach und nach wird deutlich, dass man sich in einer Rückblende befindet, die vorgeblich aufzeigen will, wie der tote Körper in das Unterholz gekommen ist, die in Wirklichkeit aber die Beteiligten und vor allem ihre Ehen, bestehend oder geschieden, durchleuchtet.

Eheleben

Die Geschichte folgt den beiden Fremden aus dem Hotelzimmer, dem Polizisten und seiner Tanzkursbekanntschaft Jane. Bald nimmt sie andere Figuren hinzu und folgt ihnen mit demselben Interesse, lässt Janes Exmann und Zat sich unbekannt in einer Bar begegnen und führt den Polizisten schliesslich von Berufs wegen wieder zu Jane. Seine Ehefrau Sonja (Kerry Armstrong) ist unzufrieden mit ihrem Leben und besucht, ohne ihrem Mann davon zu erzählen, die Therapeutin Valerie Sommers (Barbara Hershey). Die wiederum ist ihrer eigenen Trauer um die Ermordung ihrer elfjährigen Tochter vor zwei Jahren ausgeliefert; ihre Ehe mit John Knox (Geoffrey Rush) zerbricht daran.

Es ist eine kleine Welt, in der sich die ProtagonistInnen bewegen. Sie begegnen sich zufällig, in der Bar oder unterwegs. Es sind auch nur kleine Anhaltspunkte, die Lawrence gibt, und so verirrt man sich denn beim Zuschauen nicht in Strassen oder im Unterholz, sondern in der Psyche der Einzelnen und in ihren Zweierbeziehungen, die sich mit den Jahren in ganz verschiedene Richtungen entwickelt haben, und die alle vor einem Wendepunkt stehen.

18.05.2021

5

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Kommentare

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frankyb

vor 21 Jahren

Ueberraschend guter Krimi-story; perfekt gespielt


regihar

vor 21 Jahren

ein beeindruckender Film - vom Thema und den Schauspielern h


irenekarin

vor 21 Jahren

Ich habe diesen Film sehr gut gefunden. Endlich mal keine Obersupergutmensch-Helden oder megafieslingmitschwarzemhut-Bösewichte, kein schwarz-weiss, sondern einfach Menschen wie wir sind. Mit Macken, Schwächen, Stärken und Problemen. Faszinieren, Fesselnd, Traurig und Lustig wie das Leben selbst. Für mich ein Film mit Tiefe über den man viel nachdenken und diskutieren kann. Trotzdem (oder vielleicht gerade deshalb) hat er mich bestens unterhalten.Mehr anzeigen


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