Filmkritik
Out of Focus
Braver Mann wird zum Sexsüchtigen und macht Pornos für den Eigengebrauch: Paul Schrader hat das Leben des populären Radio-DJs und Serienhelden Bob Crane verfilmt. Was scharf tönt, ist fast so langweilig wie ein Abend Schweizer Fernsehen. Trotz Willem Dafoe.
Das Leben von Bob Crane (Greg Kinnear) musste dereinst verfilmt werden, auch wenn ein Teil davon es immer schon war. Der Radio-DJ schaffte es in den 60ern zum Star der Fernseh-Sitcom "Hogan's Heroes" und wurde posthum zur Legende. Erstens, weil ihm der richtige Tod beschieden war - er wurde mit einem Kabel erwürgt - und zweitens, weil er ein Schweindler war. Crane war ein regelrechter Sex-Maniac und obendrein Homevideo-Freak der ersten Stunde. Mit seinem Buddy (Willem Dafoe) pflegte er mittels Videokamera festzuhalten, wie sie Mädels en masse flachlegten. Sex and Videotape - eine nette Vorlage für die immer wieder gern gesehene Geschichte von Aufstieg und Phall, nicht wahr.
Aber eine gute Vorlage ist das Eine, was daraus wird, das Entscheidende. Und das ist Regisseur Paul Schrader und Script-Writer "Michael Gerbosi" so ziemlich in die Hose gegangen. Überrascht? Vollkommen zu Recht. Paul Schrader ist immerhin der Drehbuchautor von "Taxi Driver" und "Raging Bull" und der Regisseur von "American Gigolo". Er hat also zu Filmen beigetragen, die mehr oder weniger Filmgeschichte schrieben. Und jetzt so was! War wohl nicht ganz einfach, aus diesem Stoff einen derart uninspirierten Film zu machen.
Dabei fehlt im Grunde wenig, und alles wäre gut. Hiesse der Film so, wie er tönt - "Out of Focus" statt "Auto Focus" - kein Kritiker dieser Welt vermöchte seine Stimme gegen ihn zu erheben. So aber ist ein Vergnügen in Aussicht gestellt, das viel Schärfe verspricht und ziemlich genau das Gegenteil davon einlöst. Da ist nämlich kein Fokus auf nichts und niemand. "Auto Focus" ist viel Langweile, abgefüllt in ein billiges Stück Reizwäsche.
Wenn man sich, wie Schrader und Gerbosi, schon dafür entscheidet, Crane's Geschichte nicht kriminalistisch zu erzählen, dann sollte man irgend etwas anderes an ihr spannend machen. Die Textur zum Beispiel, oder nennen wir es besser, das Lokal- und Zeitkolorit. Was in "Boogie Nights", Paul Thomas Andersons Prachtsstück, dem "Auto Focus" so offensichtlich nacheifert und doch bei weitem nicht das Wasser reichen kann, in den Parties abgeht, wird in "Auto Focus" etwa so bieder verhandelt, dass man sich in der albernen Sitcom wähnt, deren Star Bob Crane einst war. Und wenn Schrader schon voll auf Bierenst setzt, dann sollte er doch versuchen, den Moral-Begriff der Zeit herauszuarbeiten, die er porträtiert, um wenigstens einen ernsten Beitrag zum Verständnis des Wandels der männlichen Sexualität der 60er und 70er zu schreiben. Tut er aber auch nicht, genau so wenig, wie er sich für das wahre Wesen der Männer-Folie à deux interessiert, die er zwei Stunden lang vorführt. Das Beste an "Auto Focus" ist noch die Geschichte des Home-Videos, die der Film en passant miterzählt. Was Willem Defoe an alten Geräten durch den Film schleppt, und wie er sie in einer Mischung aus ETH-Professor und Eschenmoser-Verkäufer erläutert, ist richtig amüsant.
Das reicht im besten Falle für das Prädikat "Ein Film zum Vergessen". Wenn man ihn sich überhaupt antut.
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Kommentare
Nach guten Kritiken im Kölner Stadtanzeiger habe ich mir - in Vorfreude - den Film angeschaut. Leider wurde ich enttäuscht. Streckenweise kam richtige Langweile auf. Da half nicht mal Dafoe.
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