K-19 - Showdown in der Tiefe Grossbritannien, USA 2002

Filmkritik

O Captain! My Captain!

Björn Schäffner
Filmkritik: Björn Schäffner

Für klaustrophobische Spannung ist in Kathryn Bigelows U-Boot-Drama "K19: The Widowmaker" gesorgt. Und trotzdem läuft der Film mit Harrison Ford und Liam Neeson auf Grund.

Da verweigert eine Flasche Sekt beharrlich den Dienst. Statt an der Wand des U-Boots zu zerschellen, wie bei Taufzeremonien nautischer Art üblich, scheint die Flasche immun gegen Tausende von Tonnen. Fürwahr kein gutes Omen für die Jungfernfahrt der K19, dem Flaggschiff der sowjetischen Flotte.

Wir schreiben das Jahr 1961. Der Kalte Krieg hält den Erdball in eisernem Griff. Um einem möglichen nuklearen Erstschlag der USA entgegenzuwirken, soll sich das russische U-Boot vor der amerikanischen Atlantikküste auf die Lauer legen. Für diese heikle strategische Mission hat das Politbüro dem Kommandanten der K19, Mikhail Polenin (Liam Neeson), den ambitiösen Kapitän Alexi Vostrikov (Harrison Ford) vor die Nase gesetzt. Der Konflikt zwischen beiden Männern ist vorprogrammiert und spitzt sich unaufhaltsam zu, als Vostrikov die Mannschaft und das U-Boot ohne Rücksicht auf Verluste ans Limit treibt. Eine vermeintlich geglückte Übung entpuppt sich als Phyrrussieg: Im Reaktor klafft ein Leck, aus dem radioaktive Strahlung ins Innere des Schiffs strömt. Zu allem Unglück taucht plötzlich ein amerikanischer Zerstörer auf, was die Situation noch zusätzlich anheizt: Gelingt es den Sowjets nicht, den Reaktor rechtzeitig zu reparieren, ist ein dritter Weltkrieg unausweichlich, zumal sich die zu explodieren drohende K19 nicht nur einen Steinwurf entfernt vom Kriegsschiff befindet, sondern auch in unmittelbarer Nähe eines Nato-Stützpunktes.

Seefahrten, die unter einem ungünstigen Stern stehen, kehren in bemerkenswerter Regelmässigkeit auf die Leinwand zurück ("Moby Dick", "Das Boot"). Nicht minder beliebt ist das Motiv des Hahnenkampfs über Deck oder unter Deck, um mit "Mutiny on the Bounty" und "Crimson Tide" nur zwei Beispiele zu nennen. Freilich reiht sich "K19: The Widowmaker" auch in die aktuelle Phalanx der Verfilmungen historischer Kriegsstoffe jüngeren Datums ein ("Black Hawk Down", "We were Soldiers", "Thirteen Days").

Die klaustrophobische Enge des U-Boots, die in Kontrast zur abgründigen Weite des Atlantiks steht, ist naturgegeben ein idealer Spannungsmotor: So erstaunt es nicht, dass der Film von Kathryn Bigelow ("Strange Days") als Drama prächtig gedeiht. Die inhaltliche Koppelung des schier aussichtlosen Kampfes gegen einen unsichtbaren nuklearen Feind mit der Rangelei zwischen Ford und Leeson bescheren uns einige packende Highlights.

Unverzeihlich dagegen sind die letzten zehn Minuten des Films. Ford, der sich inzwischen zum Guten gewandelt hat, aber gleichwohl vom Kreml zur Verantwortung gezogen wird, wird nach dem Fall der Sowjetunion ein Akt der salutierenden Rehabilitierung zuteil: Unter Leesons Federführung erweisen die angegrauten Überlebenden der K19 ihrem Kapitän Tribut. In der von militaristischem Pathos triefende Schlusssequenz wähnt man sich im falschen Film. Oder anders ausgedrückt: Ebenso könnte man einem neuerlichen Propaganda-Streifen der Regierung George W. Bush beiwohnen.

















09.06.2011

3

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Kommentare

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marzhas

vor einem Monat

Obwohl wir hier im Kalten Krieg sind, gehen sich hier nicht Ost und West an den ideologischen Kragen, sondern der U-Boot Kommandant Vostrikov (Harrison Ford) und sein erster Offizier Polenin (Liam Neeson). Ihr Atom-U-Boot erweist sich als schwimmender Schrotthaufen, dabei werden alle Probetests als ungenügend eingestuft. Die Schuld hierfür liegt beim Offizierskorps, nicht bei der Mannschaft.
Die klaustrophobische Enge und die austretende Radioaktivität bringen einen Hauch von Spannung. Und das Duell zwischen Polenin und Vostrikov tut ein Übriges, dass wir dabeibleiben. Polenin ist bei der Mannschaft beliebt und zeigt Menschlichkeit, wobei er Widerstand gegen die Befehlsgewalt des Kapitäns praktiziert. Der ist wohl nur wegen seines berühmten Vaters auf seinen derzeitigen Posten gekommen. Wie die zwei Alphatiere sich dennoch schlussendlich vertragen, ist überraschend und wirkt wie aus dem Hut gezogen. Da hat Regisseurin Bigelow wohl Angst vor der eigenen Courage bekommen. Die Rettung durch zwei U-Boote (ein russisches und ein amerikanisches) sind Zugeständnisse an den Publikumsgeschmack, die danach nur noch vom megalomanischen Heldentum übertroffen werden. Polenins Sinneswandel kommt überraschend und bleibt unglaubwürdig. Höchstens noch verständlich im Sinne einer Einigung unter sozialistischen Brüdern. Die Kontrahenten loben einander über den grünen Klee und überhäufen die Überlebenden mit Orden, die Gefallenen mit einem Glas Wodka am Grabe. Als Zugabe fällt da noch im Hintergrund die Berliner Mauer. Die kurz eingeblendete Love-Story (Peter Sarsgaard stark verstrahlt und Natalia Vintilova: Abschiedskuss und ein Foto von ihr) verfehlen ihre palliative Wirkung total. Drehbuch und Regie tun alles, damit der Eindruck rüberkommt ‘Alles in Butter!‘ Oder wie ich immer sage ‘Alles F.F.E. ‘Mehr anzeigen


Gelöschter Nutzer

vor 10 Jahren

Realistisches Kino, welches nicht ankam. Heute möglich mehr… Prekär wie für viele der kalte Krieg war, es am eigenen Leib abbekamen oder wie schlimm der Anschein für alle Retter, Angehörigen und die Bevölkerung rund um die Tschornobyl Katastrophe war


behar22

vor 11 Jahren

Es sollte mehr Filme dieser Art geben.


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