Nha fala Luxemburg 2002 – 89min.

Filmkritik

Die Stimme der Freiheit

Filmkritik: Irene Genhart

Der vierte Spielfilm von Flora Gomes kündet in einer märchenhaften Parabel von neuen Freiheiten, die aus dem Zusammenprall der Kulturen erwachsen.

"Nha fala" bedeute zugleich "meine Stimme, mein Schicksal, mein Leben und mein Weg", erklärt der aus Guinea-Bissau stammende Filmemacher Flora Gomes den Titel seines neusten Spielfilms. Und fügt bei, dass wenn man einem Menschen zu singen verbiete, man ihm auch verbiete zu reden und sich auszudrücken.

In "Nha fala" nun aber erzählt Gomes von einer eigentlichen Stimmfindung. Heldin der Story ist - und damit erinnert "Nha fala" an die aufmüpfige Protagonistin von Gomes' wunderbarem Spielfilmerstling "Die blauen Augen von Yonta" - Vita (Fatou N'Diaye), eine junge Frau von den Kapverdischen Inseln. Vita hat ein Stipendium erhalten und wird alsbald in Paris studieren. Das allerdings wird in ihrem Dorf nur halbwegs goutiert.

Wieso willst du studieren, fragen die Dörfler singenderweise, wenn nachher bei uns doch keiner seinen Platz hat; der Arzt Taxi fährt, der Professor Schuhe flickt und der Ingenieur in der Schreinerei aushilft? Such dir lieber einen reichen Mann, raten die Freundinnen. Doch Vita schlägt den Heiratsantrag des schicken Yano aus und geht. Dies allerdings nicht, bevor Gomes in einer witzigen Song-Nummer beschreibt, wie pragmatisch die Bewohner der Kapverden den Zusammenprall von Christentum und traditionellem Götterglauben meistern: Als musikalische Komödie hat Gomes seinen vierten Spielfilm aufgezogen, tatsächlich sind dessen von Manu Dibango komponierten Song- und Tanz-Nummern von einer im afrikanischen Kino selten anzutreffenden Beschwingtheit.

Just das Singen nun aber soll Vita fortan unterlassen: Ein alter Fluch nämlich besagt, dass die Frauen ihrer Familie sterben, sobald sie singen. Vita aber geht es in Paris glänzend. Sie hat tolle Nachbarn, findet im Franzosen Pierre ihre grosse Liebe. Zusammen mit Pierres Band nimmt sie einen Song auf, der prompt in den Charts landet. Bevor ihre Mutter via Radio von ihrer Gesangskarriere erfährt, reist Vita nach Hause, wo es ihr schliesslich gelingt, die Mutter von der Ungefährlichkeit des Singens zu überzeugen...

Traditionen haben ihren Sinn, doch es kommt der Moment, in dem sie überflüssig werden: Die Message, die "Nha fala" verkündet, ist simpel und die Geschichte, so wie sie Gomes erzählt, von stupend-bizarrer Naivität. Gleichwohl hat grad dieser parabelhafte Film, in dem eine Frau angstfrei den eigenen Tod inszeniert, um nach der ebenfalls inszenierten Auferstehung frei leben zu können, an einer Wahrhaftigkeit teil, die besagt, dass im Zusammenprall der Kulturen das Potential der Zukunft steckt.

16.02.2004

3.5

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