Filmkritik
Erotischer Tropenkoller
Im Urwald ist es heiss und feucht, aber dass ist auch schon das Einzige, was die dort stationierten peruanischen Soldaten mit Sex in Verbindung bringen könnten. Ansonsten müssen sie in der Askese leben, was zu schrecklichen Konsequenzen führt, wie Francisco Lombardi in dieser bittersüssen Komödie über Liebe, Leidenschaft und militaristischer Zuhälterei zeigt.
Wie uns zu Beginn der Geschichte der Radio-DJ und schleimige Opportunist Señior El Cinchi (Aristóteles Picho) erzählt, hat sich die Anzahl von Vergewaltigungen und Übergriffen auf Frauen im ländlichen Peru schlagartig erhöht. Verantwortlich für diese Schandtaten sind die Soldaten der Armee, welche seit Monaten, ohne sexuelle Entladung, abgeschottet von der Aussenwelt (über-)leben müssen. Der Dorn im Auge der Militärs soll nun jedoch herausgezogen werden, bevor das Volk noch an Revolution denken könnte.
Auftritt Pantaleón Pantoja (Salvador del Solar), ein grundehrlicher, idealistischer Regelbuch-Offizier, glücklich verheiratet und mit allen Wassern eines Elite-Bürokraten gewaschen. Ein Mann wie geschaffen für die Mission der Zuhälterei. Pantoja soll auf Geheiss der Kommandatur einen Eskortservice für die im Busch stationierten Soldaten einrichten. Im Klartext bedeutet das: Es werden Barken mit Prostituierten den Amazonas hinauf geschickt, um den Soldaten den dicken Hals zu lösen, und damit den Vergewaltigungen ein Ende zu setzen.
Im Geheimen operierend, Pantojas Frau, wie auch der Rest der Bevölkerung, bleibt im Dunkeln, bringt Pantaleons straffe zielorientierte Organisation schon bald die ersten Ergebnisse, wie auch die ersten Schwierigkeiten. Denn Sex zu verkaufen bedeutet stets, der Versuchung ausgesetzt zu sein. Der rote Apfel in diesem Spiel heisst La Colombiana (Angie Cepeda), einer Vollblutverführerin, wegen der sich angeblich schon zwei Männer umgebracht haben, und der, unterstützt durch die schwüle Atmosphäre des Dschungels, auch Pantoja zum Opfer fällt. Na dann, Mahlzeit.
Basierend auf einem Roman von Mario Vargas Llosa ist "Pantaleón y los visitadoras" (visitadoras = Besucherinnen = Bürokratenjargon für Nutte) wie eine feine Brise, die dem Publikum durch die Haare weht. Leichtfüssig mit viel Latino-Lebensgefühl gepfeffert und drückendem erotischen Knistern wurde das geringe Budget des Films mit visuellem Einfallsreichtum und einer anrührenden Geschichte wettgemacht. Tragik und Komik ergänzen sich in wohldosiertem Abstand, so dass einige Längen nie ins Gewicht fallen. Vielmehr bindet der ruhige Rhythmus einen an die Figurenbeziehungen die Regisseur Lombardi sorgfältig und ohne jemals plakativ zu werden zusammengefügt hat.
Peru mag wohl nicht unbedingt den Ruf als Film-Exportland besitzen, doch "Pantaleón y los visitadoras" lässt unweigerlich den Wunsch nach weiteren Filmen aus dem Land der Inkas im Herzen des Zuschauers zurück. Muchas felicitaciones!
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