Kletter-Ida Dänemark, Norwegen, Schweden 2003 – 87min.

Filmkritik

Drahtseilakt zum Banktresor

Filmkritik: Eduard Ulrich

Eine Bank auszurauben ist nicht schwer! Wie oft haben uns das US-amerikanische Action-Filme gezeigt? Warum sollten es dann nicht auch Jungendliche schaffen, mag sich ein findiger Produzent gedacht haben. Zumindest, wenn die Truppe von der famosen Kletter-Ida angeführt wird, kann eigentlich nichts schief gehen - könnte man meinen.

Eine Gokart-Bahn ist doch etwas für Jungs, oder? Motorengeheul, Verletzungsgefahr, Getriebe- und Motorenmechanik, da fühlen sich die jungen Herren der Schöpfung wohl. Pech nur, dass die Bahn dem Vater von Ida gehört. Ida (Julie Zangenberg) ist 15, hilft dem Vater im Betrieb, wenn Not am Mann ist, und sie hat von ihm die Leidenschaft fürs Klettern geerbt. Früher war der Papa mehr als neun Monate nicht zu Hause, weil er einen Gipfel nach dem andern erklomm. Das tut ihm jetzt leid, da er nichts von seiner Familie hatte. So gewinnt er seinem Bergunfall, der ihn zwang, sesshaft zu werden, immerhin eine gute Seite ab.

Idas Mutter arbeitet in verantwortungsvoller Position bei einer Firma für Sicherheitstechnik, die soeben ihre Installation in einem Bankneubau übergibt. Vielleicht ist es déformation professionelle der Eltern, jedenfalls sorgen sie sich dauernd, weil sie völlig zu recht vermuten, dass Ida ihrem Kletter-Hobby frönt, sobald sie sich unbeobachtet wähnt, obwohl die Eltern es ihr verboten haben. Aber wofür gibt es Mobiltelefone?

Konsequenterweise sehen wir Ida in der ersten Einstellung an einem riesigen Gastank hängen, während ihr Handy klingelt und ein ahnungsvolles Elternteil wissen will, wo sie sei. Aber Ida ist pfiffig und redet sich schnell heraus. Sie ist zudem selbstbewusst, klug, rücksichtsvoll und sieht gut aus. Kein Wunder, dass zwei gleichaltrige Stammkunden der Gokart-Bahn sich in sie verguckt haben. Witzig, wie das typisch männliche Rollenverhalten abgebildet und für die Geschichte genutzt wird. Denn Ida ist zwar eine Tausendsassa, aber nicht mit übermenschlichen Gaben ausgestattet, so dass sie ihre beiden Verehrer sofort einspannt, als es nötig wird: Ihr Vater erleidet einen Zusammenbruch als Spätfolge seines Unfalls, und nur eine sündhaft teure Operation in den USA kann ihn vor dem Siechtod retten. Keine Frage, dass Ida eins plus eins zusammenrechnet und die neue Bank um die erforderlichen 1,5 Millionen Euro erleichtern will.

Vielleicht wird an der Absehbarkeit dieser Entwicklung die Krux von Drehbuch und Regie (beides Hans Fabian Wullenweber) deutlich: Einerseits wird ein starkes Mädchenbild entworfen, andererseits wird in mehrer Hinsicht gefährlich nah an US-amerikanischen Action-Filmen operiert. Die gute Ida gerät fast perfekt und ist damit als Vorbild problematisch: Nachahmenswert ist ihre Risikofreudigkeit und ihr Hang, elterliche Warnungen in den Wind zu schlagen, nur bedingt, und ihr souveräner Umgang mit Schwierigkeiten und anderen Menschen ist wohl kaum erreichbar.

Obwohl die Kamera viele gelungene Bilder einfängt, das Thema ideal für eine visuelle Umsetzung geeignet ist und gute Detailideen zu sehen sind, hatte ich häufig den Eindruck, einer Persiflage auf US-amerikanisches Action-Kino zuzusehen. Mir war's eindeutig zu gewalttätig und zu laut. Nicht so den Produzenten in Hollywood: Dort hat Bart Freundlich, der Vater von Julianne Moore's Kind, bereits das amerikanische Remake unter dem Titel "Mission Without Permission" abgedreht.

18.05.2021

3.5

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