The Yes Men USA 2003 – 82min.

Filmkritik

Schabernack-Attack!

Filmkritik: Simon Kern

Dokumentarfilm um zwei Aktivisten, die als vermeintliche WTO-Repräsentanten schlitzohrig ihr Vortragspublikum zum Narren halten. Das Ausbleiben von Reaktionen auf ihre grotesken Provokationen amüsiert und erschreckt zugleich, bis "The Yes Men" zuletzt doch noch der Schnauf ausgeht.

Es ist die Krux einer jeden Verarsche: Wieviel liegt drin, bevor beim Gegenüber der Groschen fällt? In der nadelgestreiften Welt des globalisierten Big Business offenbar eine ganze Menge. "The Yes Men" porträtiert zwei Aktivisten, Andy Bichlbaum und Mike Bonanno, die mit herrlich überzogenen Vorträgen abgestumpfte Leaderfiguren mit ihrem Phrasengeschwurbel zum Narren halten.

Geboren wurden die "Yes Men", als sie mit einer Website das Handels- und Zollabkommen GATT dermassen zum Verwechseln ähnlich satirisch aufbereiteten, dass sie als vermeintliche Vertreter der WTO an Symposien eingeladen wurden. Der Clou: Andy und Mike haben die irrtümlich ausgestellten Einladungen dankend angenommen, sahen sie sich doch quasi als Hofnarren auf die Bühne der Weltwirtschaft gebeten.

Drei eigentliche Veräppelungen sind Inhalt des Dokumentarfilms "The Yes Men". Die groteskeste ist zweifelsohne jene, als beim Vortrag in Finnland urplötzlich Andy von seinem Assistenten der Anzug vom Leib gerissen wird, um ein goldenes Kostüm zu enthüllen. Dessen imposanter phallischer Vorbau soll gestressten Managern die Möglichkeit bieten, auf einem Bildschirm den Fleiss ihrer Untergebenen in der Dritten Welt zu überwachen. Und zwar als textiler Beitrag der WTO zur effizienteren Sklavenhaltung. So närrisch sich dies lesen mag, das Vortragspublikum zeigt kaum Regung, Wortmeldungen und Fragen bleiben aus. Ist das nun bloss lustig - oder nicht auch erschreckend?

Mit seinem urkomischen Dokumentarfilm "American Movie" hatte Chris Smith anno 1999 zwei unbeholfene Jungfilmer aus dem US-Hinterland porträtiert. Für "The Yes Men" hat Smith sich ein Sujet ausgesucht, das ungleich mehr Brisanz besitzt. Hier ist jedoch der Schwachpunkt des Filmes zu suchen: Zur direkten Konfrontation mit dem Gegner kommts im Film nicht, die Moskitostiche, die Andy und Mike dem Elefanten WTO versetzen, scheinen lediglich zu ihrem (und unserem) Vergnügen beizutragen. Eine solche Klimax, vielleicht eine Verarsche in der Höhle des Löwens im Hauptsitz der WTO in Genf, hätte dem in dieser Form ausfransenden Film eine bis zuletzt tragende Dramaturgie und mehr Relevanz verliehen. Der gewagte Schabernack ist aber dennoch ein kurzweiliger Vertreter der jüngst so populären Dokumentarfilme schelmischer Art.

25.05.2021

3.5

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Kommentare

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zwirchzwabel

vor 19 Jahren

Der Film garantiert puure Unterhaltung und trotzdem lässt er einem nachdenklich werden. Sehr empfehlenswert!


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