Absolut Deutschland, Schweiz 2004 – 95min.
Filmkritik
Vergangenheitsbewältigung
Der Thriller ist ein Genre, das man kaum spontan mit dem Schweizer Film assoziiert. Zwar gab es mit "Exklusiv" unlängst einen Versuch, auch in der Schweiz einen auf Hollywood zu machen, wenn es hierzulande aber um Mord und Totschlag geht, dann meist auf die gemütliche alte Dienstagabend-Krimimanier. Mit "Absolut" tritt nun eine welsche Produktion an, die es anders machen will.
Alex (Vincent Bonillo) und Fred (François Nadin), zwei junge Globalisierungsgegner, planen den grossen Coup: Ein selbst entwickeltes Computervirus soll den internationalen Zahlungsverkehr lahmlegen. Auf diese Weise wollen die beiden das bevorstehende World Leader Summit verhindern und auf ihr Anliegen aufmerksam machen. Alles ist vorbereitet, Alex, der als Putzmann in einer Bank arbeitet, muss das Virus nur noch installieren.
Einen Tag später erwacht Alex im Spital und kann sich an nichts erinnern, weder daran, dass er angefahren wurde, noch, dass er sich von seiner Freundin getrennt hat, und am Schlimmsten: er weiss nicht, ob er das Virus überhaupt installiert hat. Kommt noch hinzu, dass Fred plötzlich vom Erdboden verschwunden ist. Wie gut trifft es sich da, dass man im Spital, in dem Alex behandelt wird, ein neues Verfahren entwickelt hat, um Amnesie zu kurieren. Nach anfänglichem Zögern willigt Alex ein, sein Gehirn mit Magnetströmen stimulieren zu lassen.
Computervirus, Internationale Hochfinanz, Gedächtnisverlust - das hört sich alles sehr nach einer grossen Hollywoodkiste an, doch "Absolut" gelingt es erstaunlich gut, den abenteuerlichen Plot auf biedere Schweizer Verhältnisse herunterzubrechen. Der Film wirkt über weite Strecken hinweg glaubwürdig und erzeugt, nicht zuletzt dank hervorragender Schauspieler, eine kitzelnde Mischung aus Spannung und Paranoia. Denn mit der Behandlung kommen zwar Alex' Erinnerungen zurück, Gewissheit bringt ihm das aber nicht. Zu viele Dinge sind unklar, und auch die Chefärztin spielt eine undurchsichtige Rolle. Warum will sie ihre Experimente unbedingt mit Alex durchführen, und wer garantiert, dass die wiederkehrenden Erinnerungsfetzen auch echt sind?
Ganz allmählich beginnen sich die Grenzen der Realität zu verschieben. Regisseur Romed Wyder gelingt es oft mit ganz einfachen Mitteln, einen unheimlichen Effekt zu erzielen und dem Zuschauer langsam den Boden unter den Füssen wegzuziehen. Dass der Film visuell eher hausbacken ohne Anspruch auf Hollywood-Ästhetik daherkommt, stört nicht, sondern trägt vielmehr zur Erdung der Geschichte bei. Leider kann "Absolut" sein hohes Niveau nicht bis zum Schluss durchhalten: Irgendwann ist die Idee der verschiedenen Realitäts- und Erinnerungsebenen überreizt, und zuletzt verliert der Film seine Bodenhaftung und fährt mit Verfolgungsjagd und Profikillern auf. Das ist ebenso überflüssig wie der Epilog, in dem uns weisgemacht werden soll, dass der Film auf einer wahren Begebenheit beruht.
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