Días de Santiago Peru 2004 – 82min.

Filmkritik

Endstation Zivilleben

Filmkritik: Remo Bräuchi

Dass die Rückkehr in ein Leben nach dem Militärdienst nicht ganz einfach ist, muss der Protagonist in Josué Méndez' beeindruckenden Regiedebut aus Peru schmerzvoll erkennen. Das Portrait einer Gesellschaft, die ihre Soldaten erst in den Krieg schickt und danach nicht mehr weiss, was sie mit ihnen anfangen soll, ist packendes Kino am Puls der Zeit.

Santiago Román (Pietro Sibille) hetzt durch die Strassen, arbeitslos, ziellos und von einer inneren Unruhe beherrscht. Seine Gedanken jagen sich, die Blicke nehmen jede Bewegung wahr, analysieren jede Sekunde die Umgebung neu. Denn der Feind kann jederzeit zuschlagen. Dass der nicht mehr unbedingt überall lauert, hält seinen Verstand nicht davon ab, trotzdem ständig damit zu rechnen.

Drei Jahre war Santiago in der Armee und während er sich, immer auf einen Hinterhalt gefasst, durch den Dschungel Perus kämpfte, wünschte er sich regelmässig zurück nach hause. Doch jetzt ist er sich nicht mehr so sicher. Der Militärdienst hat in ihm einen Sinn für Recht und Unrecht geschaffen, der sich nicht auf sein neues Leben anwenden lässt. Hilflos sieht er sich dem Chaos einer Gesellschaft ausgesetzt, die jeglichen Sinn für Ordnung und Respekt verloren zu haben scheint.

Seinen ehemaligen Kumpanen gehts nicht besser. Sie schlagen sich als Wächter, Hauswarte oder Bodyguards durch, weil sich von der knappen Militärabfindung keiner eine Aus- oder Weiterbildung finanzieren kann. Stattdessen trifft man sich auf Friedhöfen, macht sich gegenseitig Mut und lässt die Erinnerungen aufleben an eine Zeit, als irgendjemand sie noch brauchte.

Es ist ein tristes Bild der peruanischen Gesellschaft, das uns der junge Peruaner Josué Méndez in seinem ersten Spielfilm präsentiert. Doch in einem spannenden Wechsel von Farb- und Schwarzweissbildern schafft er eine packende Realität um seinen energiegeladenen Hauptdarsteller, die nie deprimierend wird.

"Dias de Santiago" liegt keine lineare Geschichte zugrunde, vielmehr zeichnet Josué Méndez in einfachen Situationen das verstörende Bild eines Mannes, der auf der verzweifelten Suche nach etwas Stabilität in seinem neuen Leben permanent kurz vor dem Explodieren steht.

Méndez, der in den USA eine Filmschule besuchte, bevor er nach Peru zurückkehrte, sieht in seinem Film auch einen sehr globalen Ansatz. Und nicht ganz zu Unrecht. Angesichts der zahlreichen aktuellen Konfliktregionen wird sich wohl demnächst noch manche Gesellschaft mit ihren heimkehrenden Soldaten beschäftigen müssen.

20.10.2020

4.5

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