Die fetten Jahre sind vorbei Österreich, Deutschland 2004 – 127min.
Filmkritik
Wider die sozialen Ungerechtigkeiten
Viele vergessen rasch die Leiden(-schaften) der Jugend, kaum überschreiten sie die dreissig. Regisseur Hans Weingartner aber blickt mit Klarheit, Verständnis und vor allem mit Respekt zehn Jahre zurück und findet ernst gemeintes politisches Engagement, das nichts Lächerliches an sich hat.Schon mit seinem Diplomfilm "Das weisse Rauschen", der Geschichte eines schizophrenen Jugendlichen, machte Weingartner auf sich aufmerksam - und fand den Weg in unsere Kinos. Wie bei seinem Erstling spielt auch in "Die fetten Jahre sind vorbei" Daniel Brühl ("Good Bye, Lenin!"), einmal mehr zurückgenommen und zugleich mit höchster Intensität.Der von ihm verkörperte Jan bricht öfters mal mit seinem besten Freund Peter (Vincent Gallo-Doppelgänger Stipe Erceg) in Villen ein, um deren Besitzer aufzurütteln. Sie klauen nichts, doch sie rücken die Möbel zu wahren Dada-Kunstwerken um und hinterlassen verstörende Nachrichten: "Sie haben zu viel Geld. Die Erziehungsdirektion" oder "Die fetten Jahre sind vorbei". Als Jan eines Nachts Peters Freundin Jule (Julia Jentsch) einweiht, überstürzen sich die Ereignisse.Die beiden - mittlerweile verliebt - brechen bei Hardenberg (Burghart Klaussner) ein, dessen Auto Jule zu Schrott gefahren hat. Während ihr Leben durch Schulden verbaut ist, hortet er weitere Luxuskarrossen. Unverhofft kommt Hardenberg aus dem Urlaub zurück - und erkennt Jule. Peter eilt zu Hilfe, und zu dritt entführen sie den Bonzen nach Österreich.In einer Berghütte kommen sich die jungen "Erziehungsberechtigten" und der Multimillionär näher - Hardenberg ist ausgerechnet ein Alt-Achtundsechziger. Auch wenn er seinen Entführern mit Arroganz ihren naiven Idealismus ankreidet, wird er beim gemeinsamen Kiffen schon mal wehmütig. Wie konnte er als einstiger Anprangerer sozialer Ungerechtigkeiten so in die Konsumfalle tappen, wie konnte es so weit kommen, dass ihm die Zeit fehlt, sein Geld auszugeben? Als Peter die Beziehung zwischen Jan und Jule entdeckt, kommt es zum Bruch - da kann Hardenberg noch so von freier Liebe schwafeln. Doch in der ehrlichen Versöhnung der drei liegt die Stärke: Im Gegensatz zur Generation, die der sexuellen Revolution huldigte, benennen sie den Schmerz, ohne dabei ihre politischen Ziele zu vergessen.Eine digitale Handkamera erlaubte einen möglichst unkomplizierten Dreh, und es liegt nicht zuletzt am ausgezeichneten Schauspiel, dass das Engagement der drei immer ernst wirkt und nötig - auch wenn gleichzeitig Hardenberg das politische Scheitern der Linken verkörpert. Zwar vermisst Jule, die einsamste der drei, eine geeinte politische Bewegung und drückt damit eine Nostalgie nach Nicht-Gekanntem aus, eine Wehmut, nicht früher geboren zu sein. Doch im Kleinen, so Jan, könnten sie was ändern, und dafür lohnt sich die Energie. Selbst wenn sie zu selbstgerechten Karrieristen wie Haderberg werden sollten, sie haben wenigstens einmal etwas getan gegen die Ungerechtigkeiten dieser Welt.Es liegt eine Dringlichkeit in diesem Film, die aufrüttelt - schliesslich hat man auch jenseits der dreissig ein Gewissen und kann sich einsetzen für die Benachteiligten dieser Welt.
Dein Film-Rating
Kommentare
Gelöschter Nutzer
Verfasst vor 18 Jahren
Sehr gute zeitgemässe Story, überzeugende Darsteller und ein relativ unerwartetes Ende. Mit relativ unerwartet meine ich, dass es ein Ende entgegen des klassischen Stils ist, aber dennoch jedes andere Ende unpassend gewesen wäre. Ich hab mich in der letzten halben Stunde des Films gefragt, wie der Regisseur die Kurve kriegt, wie wird es enden und war am Schluss froh, dass es wenig kitschig, dafür passend und trotzdem nicht niederschmetternd war.
Dass dieser Film aufgewärmter Kaffe sein soll, kann ich überhaupt nicht bestätigen. Nur weil die Ideen denen der 68er ähneln heisst das doch noch lange nicht, dass der Stoff an sich von Gestern ist. Im Film geht es ja genau um diese Problematik, im Schatten der 68er zu leben. Es ist viel schwieriger geworden etwas zu bewegen, weil man durch Globalisierung, Individualisierung, Frust oder Mediensklaverei(TV, Computer etc.) keine breite Masse mehr auf die Strasse bringt.
Trotzdem gibt es tonnenweise Probleme auf unserer Welt und in unserer Gesellschaft, die angegangen werden müssen. Wir leben noch lange nicht in einer perfekten Gesellschaft und die Mittel das zu ändern sind sehr begrenzt geworden, was zum grossen Teil an der bereits erwähnten Vielschichtigkeit der Gesellschaft liegt. Hier greift die Story des Films ein, der geradezu dokumentarisch das Revoluzzerleben von ein paar Jugendlichen zeigt, die versuchen neue Wege zu finden auf die Probleme der Welt aufmerksam zu machen.
Vergleiche zu unserer Zeit finden sich in den Diktaturen und Scheindemokratien Osteuropas, wo kleine Studentengrüppchen übers Internet und verborgen Aufstände anzetteln, friedliche Aufstände.
Der Film kann nicht besser die Sackgasse aufzeigen in der sich die politische Jugend heutzutage befindet.
Absolut sehenswert und in meinen Augen ein Meisterwerk des deutschen Films(@J. Oliver: wie kommst du auf die Idee den Film als "deutsche" Komödie zu verstehen? Was die Gänsefüsschen bei dem wort Deutsch bedeuten sollen, wüsste ich auch gern.).… Mehr anzeigen
Für mich war das Manko des Films nicht nur der Darsteller Daniel Brühl(den ich nun wirklich nicht mehr sehen kann(Nein, ich bin nicht Blind!!)), sondern auch die verquere Revoluzzer-Romantik des Drehbuchschreibers und Regisseurs Hans Weingartner.
Um es mal deutlich zu machen, nicht die "Reichen" müssen "aufgeschreckt"werden sondern Diejenigen, die die Veränderungen herbeiführen sollen und das ist immer noch das "Proletariat" oder die opfer von Hart 4.
Anyway, soviel Einsicht und Intelligenz wäre ja auch zuviel erwartet.
Was übrigbleibt von der Story, ist eine lahme Beziehungsgeschichte cie sich zäh über 2 Stunden quält und Keinen vom Hocker reißt!
Eben eine typische "Deutsche"Komödie-
Ein Rohrkrepierer!!… Mehr anzeigen
Sie müssen sich zuerst einloggen um Kommentare zu verfassen.
Login & Registrierung