Inheritance Dänemark, Norwegen, Schweden, Grossbritannien 2003 – 115min.

Filmkritik

Stahlwerk als Seelenschmiede

Filmkritik: Eduard Ulrich

Hier muss sich nicht eine Frau zwischen Familie und Karriere entscheiden, sondern der Mann (beziehungsweise seine Mutter) entscheidet gleich für beide: Christoffer soll sein glückliches Leben in Stockholm aufgeben, um den maroden Familienbetrieb in der dänischen Provinz zu retten. Werden ihn die gegensätzlichen Anforderungen zerreiben, die Gefühle und Geschäft an ihn stellen?

Der Däne Christoffer (Ulrich Thomsen, Hauptrolle in "Festen") führt ein Restaurant in Stockholm, das in der Nähe des Theaters liegt, in dem seine junge schwedische Frau Maria (Lisa Werlinder) die ersten Karriereschritte unternimmt. Da kommt eines Tages sein Vater überraschend zu Besuch, der das Stahlwerk der Familie in Dänemark leitet und immer noch bedauert, dass ihm sein Sohn nicht als Firmenpatron folgen will.

Der wahre Grund für die Visite ist aber die Not des Vaters angesichts der geheim gehaltenen, desolaten finanziellen Lage des Familienbetriebs. Die dominante Mutter (Ghita Nörby) beschliesst, dass Christoffer als Retter zurückkehrt, obwohl sein Schwager Ulrik als zukünftiger Chef jahrelang aufgebaut wurde. Das gibt böses Blut: Ulrik ärgert sich, dass man ihm die versprochene Beförderung verwehrt und das Lösen der schwierigen Aufgabe nicht zutraut. Zur Feindin macht sich die Mutter auch die kulturinteressierte Maria, die Christoffer widerwillig in die kulturelle Ödnis folgt, wo sie langweilige Repräsentationspflichten erfüllen muss.

Damit sind die drei Fronten Betrieb, Familie und Paarbeziehung abgesteckt, und es scheint fraglich, ob Christoffer den Betrieb sanieren kann, ohne seine Beziehung zu ruinieren und die Familienbande reissen zu lassen. Dieses Epos vom stahlharten Existenzkampf ist sorgfältig inszeniert und mit sehr guten SchauspielerInnen besetzt. Es funktioniert allerdings nur, wenn man es genauso ernst nimmt, wie es das selbst tut. Menschlich überzeugt das Dilemma zwischen persönlichen Gefühlen und unternehmerischem Denken, doch in einer Zeit der Aktiengesellschaften und aalglatten Manager wirkt dieser heroische Kampf anachronistisch - vielleicht auch, weil Hollywood das Thema schon eine Generation früher erschöpfend abgehandelt hat. So ist es schwierig, sich mit den Personen zu identifizieren.

Obwohl einige skandinavische Klischees bedient werden, hebt der realistische Verlauf ohne Lösungen, die alle glücklich machen, diese Fassung über manche Pendants hinaus: Es wird viel gestritten und gelitten, und gerade diese packend gespielten Emotionen prägen sich ein. Schade nur, dass die visuellen Chancen, die der glühende Stahl bietet, nicht entsprechend gut genutzt wurden.

20.02.2024

3.5

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Kommentare

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djvan

vor 20 Jahren

Super Film, nach gewohnt dänischer Manier!


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