Schiza Kazakhstan 2004 – 86min.

Filmkritik

Hauptpreis: "Mercedes amerikanski".

Beatrice Minger
Filmkritik: Beatrice Minger

In einem kargen, gesetzlosen Kasachstan rekrutiert ein schweigsamer Junge, den alle Schiza nennen, kräftige Männer für illegale Boxkämpfe. Der Hauptpreis - ein "Mercedes amerikanski". Aus Zentralasien kommt ein unaufgeregtes Spielfilmdebüt in die Schweizer Kinos, das bereits international gefeiert wurde.

Schiza (Olschas Nusuppajew) ist fünfzehn und heisst eigentlich Mustafa. Sein Übername verdankt er seinem schweigsamen Wesen, weswegen ihn alle für leicht dümmlich halten. Schizas Äusseres hat in der Tat etwas Irritierendes: Die jungenhaft schmächtige Statur lässt ihn einerseits als Spätentwickler erscheinen, sein ernsthaftes Auftreten zeugt aber andererseits von einer bedächtigen Lebenserfahrenheit. Doch seine Isoliertheit und schwerfällige Langsamkeit fallen kaum auf in einer Atmosphäre sozialer Lethargie in der kasachischen Provinz.

Die neue Freiheit nach dem Ende des kalten Krieges ist nicht so süss wie erwartet. Millionen sind arbeitslos. Kasachstan ist ein gesetzloses, karges und krisengeschütteltes Land. Männer kämpfen aus Mangel an Perspektiven mit nackten Fäusten ums Überleben. Oder, wie in Guka Omarowas Film, um einen alten Mercedes, Sinnbild der westlichen Kulur schlechthin. Mittendrin Schiza, der dem machoiden Liebhaber seiner Mutter dabei hilft, kräftige Männer zu gewinnen, die als Kanonenfutter für illegale Boxkämpfe herhalten sollen. Als während einem der Kämpfe der junge Boxer Ali tödlich verwundet wird, ändert sich das Leben von Schiza dramatisch. Bevor Ali stirbt, kann Schiza ihm gerade noch versprechen, das Preisgeld Alis Freundin Zinka (Olga Landina) zu übergeben, die am Rande der Stadt lebt. Die Begegnung mit der alleinerziehenden Zinka und deren Sohn Sunschik erweist sich als Wendepunkt in Schizas Leben. Aus der rein materiellen Beziehung, die auf Not und Bedürftigkeit gründet, entwickelt Schiza zaghafte Liebesgefühle für die um Jahre ältere Kinka und fühlt sich immer mehr für die kleine Familie verantwortlich.

Die kasachische Filmemacherin Guka Omarowa kommt ursprünglich aus dem Dokumentarbereich. «Schiza» ist Omarowas erster Spielfilm und zeigt noch deutliche Spuren ihrer filmischen Herkunft. Ihre Cast ist eine Mischung aus professionellen Schauspielern und Leihendarsteller. Und hält kleine Entdeckungen bereit wie die Bühnenschauspielerin Olga Landina, deren wunderschönes Gesicht dem Film einen Hauch von Glanz verleiht.

«Schiza» besticht durch seine einfachen, schnörkellosen und teilweise fast schon epischen Bilder des provinziellen Kasachstan, welche an die - nur schon geografisch nicht weit entfernte - asiatische Bildästhetik erinnern. Die Musik trägt dazu bei, dass die Grundstimmung des Films keineswegs ins Schwermütige, Hoffnungslose, Endzeitige abdriftet, sondern den distanzierten Blick, den man auf den gesamten Film gewinnt, aufrecht erhält. Die Geschichte erzählt dem Zuschauer erfrischend unaufgeregt und einfach von einem vermeintlich fernen Land, das höchstens in den Rändern des europäischen Bewusstseins existiert und macht den Film zu einer kleinen Entdeckungsreise. Ein Verdienst, weswegen «Shiza» bereits an mehreren Festivals mit Preisen ausgezeichnet wurde. So auch in Cottbus, einem der wichtigsten Festivals für den Osteuropäischen Film, wo Guka Omarowas Werk den Grossen Preis einheimste.

02.07.2009

4

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