Spider-Man 2 USA 2004 – 127min.
Filmkritik
Der Superheld als Underdog
Sam Raimi bietet in der Fortsetzung der finanziell erfolgreichsten Comicverfilmung aller Zeiten die Erkenntnis feil, dass Superheld eben doch kein Traumberuf ist.
Im melancholischen Ende von "Spider-Man" erkannte Peter Parker (Tobey Maguire), dass seine Nachtaktivitäten als Superheld sich nicht mit einem normalen bürgerlichen Leben vereinbaren lassen, und er darum auch seiner Angebeteten Mary Jane Watson (Kirsten Dunst) seine Liebe nicht gestehen kann. Seither hat sich alles noch verschlimmert. Peter Parker ist in einer ähnlichen Situation wie eine allein erziehende Mutter: Er versucht, die Berufe als Pizzaboy und Fotograf für den "Daily Bugle", das Studium und seine Superheldentätigkeit aneinander vorbeizubringen und scheitert glorreich auf allen Ebenen. Wegen chronischer Übermüdung kommt er beim Job ständig zu spät, ist unkonzentriert an der Uni, und der Stress macht sich schliesslich auch im Spidey-Kostüm bemerkbar. Superhelden-Impotenz könnte man da wohl diagnostizieren, denn mitten im rasanten Gehangel zwischen Hochhausfassaden will Spider-Man einfach kein Schuss mehr abgehen. Sprich die Spinnenfäden, des Helden wichtigstes Arbeitsinstrument, spritzen nicht mehr, wie sie sollten.
Ein Fall für den Psychotherapeuten, ohne Frage, doch Regisseur Sam Raimi macht sich erst einmal einen ausgedehnten schelmischen Spass daraus, seinen gefallenen Helden der Lächerlichkeit preis zu geben und zu piesaken. Was für ein paar äusserst heitere Kinomomente sorgt. Parkers Krise nimmt jesushafte Züge an, als er sich der Versuchung hingibt, seine Berufung aufzugeben, das Kostüm in den Abfall zu werfen und fortan als ganz normaler Mensch zu leben. Aber halt, immerhin sind wir hier in einer Comicverfilmung, also wird es höchste Zeit für einen Superschurken. Und bitte immer schön mutiert.
Für "Spider-Man 2" hat sich Raimi einen der beliebtesten Bösewichte des Spider-Man Universums ausgesucht, den achtgliedrigen Doktor Octopus, Künstlername "Doc Ock". In seiner zivilen Karriere versuchte er als menschenfreundlicher Wissenschaftler Doktor Otto Octavius (Alfred Molina) die Welt mit umweltschonender und billiger Energiegewinnung durch Kernfusion zu beglücken. Ein kleines Malheur verwandelt ihn in ein amok laufendes, krakenhaftes Tentakelmonster, das schleunigst jemand zu Calamari Fritti verarbeiten sollte.
Raimi versucht, seiner Geschichte auf möglichst vielen Ebenen Gehalt zu verleihen und hat damit in den ersten 90 Minuten auch Erfolg. Die rasanten Actionszenen sind auf technisch hohem Niveau und werden mit der nötigen comichaften Übertreibung dargereicht, die menschlichen Probleme sind nachvollziehbar, und vor allem kommt der Humor nie zu kurz. Dafür sorgen auch Randfiguren wie der herrlich überdrehte J.K. Simmons als Chefredaktor des "Daily Bugle" oder Bruce Campbell, der Held aus Raimis "Evil Dead" Filmen.
Was man "Spider-Man 2" allerdings vorwerfen darf, ist ein schwacher Schluss. Neben einem trotz viel Getöse recht uninspirierten Showdown ergiesst sich plötzlich kübelweise Sentimentalität über das Publikum, und daneben muss Raimi schleunigst noch alle offenen Handlungsstränge abschliessen und als letztes Häubchen obendrauf einen Anknüpfungspunkt zu "Spider-Man 3" aus dem Hut zaubern. Das ist dann doch etwas zu viel des Guten, soll aber den guten Gesamteindruck nicht zu stark trüben. Übers ganze gesehen gelingt es Raimi, eine überzeugende Mischung aus ironischer Charakterzeichnung und überzeichneter Action zu finden.
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Kommentare
Geniales Glanzstück von einem visionären Regisseur, der hier eine echte Messlatte für alle nachfolgenden Comicverfilmungen vorgelegt hat. Wenn man einen Comic nimmt und zum Leben erweckt, dann könnte dieser Film dabei herauskommen. Einzigartig in seiner typischen Handschrift und mit sehr viel Liebe zum Detail verfilmt. Nachdem in Teil 1 die Vorarbeit geleistet wurde, entfaltet sich hier ein Shakespeare-Drama um (verhinderte) Liebe, Eifersucht, Rache, Selbstfindung, Größenwahn, Tragödie,... Das Ganze als Actionknaller mit noch heute ( 2024) fantastisch guten und einzigartigen Actionsequenzen. Darstellerisch sowieso ein Traum - was die hier auf die Leinwand zaubern gehört für mich zum besten das es jemals in einem Film zu sehen gab. Zum Beispiel James Franco als tragischer Verlierer , der Rache, Hass, Eifersucht, Selbstzweifel,..... in seine Rolle einprägt. Auch genial Doc Ock , ein ambivalenter Schurke mit dem man mitfühlt. Alle aufzuzählen würde jetzt den Rahmen sprengen ..... . In dem Film sind sogar noch die Statisten perfekt ausgesucht. Kritikpunkte? Kaum, müsste man schon mit der Lupe suchen, evtl. die Filmmusik gab's schon bessere. Gesamtnote : Meisterwerk und ein Platz in der Liste der Besten Filme Aller Zeiten… Mehr anzeigen
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