Der weisse Planet Kanada, Frankreich 2006 – 82min.

Filmkritik

Hitzetod am Nordpol

Filmkritik: Eduard Ulrich

Wer sich immer über Tierfilme geärgert hat, die mehr das Menschliche im Tier sahen und schwülstig kommentierten, hat nun Gelegenheit, einen in fast jeder Hinsicht vorbildlichen Beitrag zu geniessen, der sich ums Überleben in der Nähe des Nordpols dreht.

Wenn man die Liste der Tiere durchsieht, die in diesem Film vorkommen, stellt man erstaunt fest, dass der Liebling aller Tierfilme fehlt: der Pinguin. Geht das, ist das überhaupt erlaubt, einen Tierfilm in Schnee und Eis zu drehen und keine Pinguine zu engagieren? Bevor sich jemand ereifert, hier eine amtliche Klarstellung: Die Zulassungsstelle für familiengerechte Filme in Bern teilt rechtzeitig zum Fest der Liebe und Filmstart mit, dass die Pinguindichte im Kinofilm dieses Jahr hoch genug gewesen sei und Pinguine am Südpol leben, weshalb dieser Film allen Familien bedenkenlos empfohlen sei.

Wenn schon der Pinguin fehlt, der halb wie ein Mensch aussieht, dann darf wenigstens der Eisbär nicht fehlen, dem auch oft menschliche Züge nachgesagt werden. Volltreffer! Der Eisbär ist nicht nur mit von der Partie, sondern er bekommt sogar eine Hauptrolle, auch wenn es zunächst eine trächtige Eisbärin ist, die sich am Anfang des Films in ihre Schneehöhle zurückzieht. Da ahnt man noch nicht, dass man bald mit einem Blick in diese Höhle beglückt wird.

Den Filmemachern Thierry Ragobert und Thierry Piantanida ist es doch tatsächlich gelungen, eine Kamera zu installieren, ohne die Bärin zu stören. Dies ist nicht einmal die einzige ungewöhnliche Aufnahmesituation. In ihren dreijährigen Dreharbeiten konnten sie Bilder von einigen dramatischen oder bizarren Ereignissen sammeln, die man für gestellt halten könnte, wenn man nicht wüsste, dass der Film für den Schutz dieser ökologisch extrem labilen Region eintritt, die als erste und am stärksten unter der sich abzeichnenden Klimaerwärmung zu leiden hat. Noch aber ist dieses ästhetische Paradies im Norden Kanadas, Russlands und in Grönland weitgehend intakt. Es verlangt wegen der Ressourcenknappheit von den Tieren optimal angepasste und hoch effiziente Verhaltensweisen - beispielsweise beim Jagen oder, um sich zu verstecken.

Was oberflächlich betrachtet eine unendliche, eintönige weisse Wüste zu sein scheint, entpuppt sich bei näherem Hinsehen als ein gut besiedelter Lebensraum, der skurrile und abwechslungsreiche Lebensformen zu bieten hat - insbesondere wenn man den Blick auch unters Packeis ins Wasser richtet. Im Zentrum stehen dabei die Jagd und der Kampf, sowie Aufzucht und Schutz des Nachwuchses, womit wir wieder bei der Eisbärin sind, die ihren Nachwuschs sogar gegen seinen Vater verteidigen muss.

Die teilweise sensationellen Bilder sprechen für sich, der Kommentar ist sachlich, ohne missionarischen Eifer - er nordpolarisiert sozusagen nicht - und wird zudem sparsam eingesetzt, die Musik bleibt oft dezent im Hintergrund. So könnten sich auch die Kleinsten begeistern lassen, selbst wenn es nicht um einen kleinen Zeichentrickeisbären geht, zumal die Autoren über alle Schauplätze hinweg einen gewissen erzählerischen Zusammenhang suggerieren.

07.06.2021

5

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Kommentare

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peregrin8

vor 17 Jahren

Sehr ruhiger Doku mit eindrücklichen Detailaufnahmen Unterwasseraufnahmen und Kameraflügen.


bullbear

vor 17 Jahren

Wunderschöne Natur und sensationelle Landschaft!!! Einfach wahnsinnig beeindruckende Fauna!!!


luckystar1

vor 17 Jahren

Sehr gut gemachter Film ohne jeglichen Kitsch, zeigt wunderschöne reale Tier- und Natur-Bilder. Traurig jedoch, weil die Zerstörung läuft..


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