Las vidas posibles Argentinien, Deutschland 2006 – 80min.

Filmkritik

Wer sucht, der findet nicht

Jean Lüdeke
Filmkritik: Jean Lüdeke

Das Suchen und Verzweifeln dominieren diese bisweilen elegische Filmstudie der Argentinierin Sandra Gugliotta. Sie beschreibt eine Suche nach Außen, die letztlich das eigene Innen findet. Nähe, Familie, Einsamkeit und Fremdsein fokussieren bleierne Bilder der Rat- und Hoffnungslosigkeit.

Wortkarge und wundersame Typen in bedrohlich anmutenden Innen- und Außenräumen begleiten die verzweifelte Protagonistin in das befremdliche Kältepanorama Patagoniens. Der Doppelgänger des Ehemannes, isoliert mit einer anderen Frau, führt ein völlig konträres Dasein. Alle und alles bedrücken auf eine rätselhafte Weise die immer unsicherer agierende Carla. War letztlich alles nur ein schimärischer Traum? Mitnichten. Carlas Wahrnehmungswelt ist poetisch und perfide zugleich, voller Hoffnungen und Schmerz, kontinuierlich begleitet von der von der Zwiespältigkeit von Wirklichkeit und Wahrheit.

Der Zuschauer erleidet Carlas Suche ins Vakuum mit, sieht ihre Protagonistin auf dem eingleisigen Trip ins Nirgendwo und spürt vor allem ihre Hilflosigkeit und Ohnmacht. Keine Frage, German Palacios und Ana Celentano ziehen uns in den in Bann, in diesem Kammertheater der großen Innen- und kleinen Außenräume. Irgendwie scheint Clara ewig gefangen - im eigenen Kopf und Herz. Sie kann und will nicht loslassen, ist voller sprachloser Wut. Eine Charakeranalyse mit wenigen Worten, ein Kino der langen Blicke und stummen Beredsamkeit. Dabei lenkt niemand den Verlauf dieser manischen Odyssee, von der es nichts zu berichten, geschweige denn ein Nennenswertes zu erzielen gibt. Somit bleiben wir - wie Clara - im Kino ratlos und bedrückt zurück. Melancholie nimmt sich sich einen mächtigen Platz. Daß ein stiller Film wie dieser auch einige Längen hat, muß nicht thematisiert werden.

Für seine eher melancholische Kreativität ist das argentinische Kino eh bestens bekannt. Dennoch hat es wie kein anderes Land Lateinamerikas in den letzten Jahren so viele filmische Highlights und Preisträger bei internationalen Wettbewerben hervorgebracht. Der Latino-Filmmarkt wird für auch für die US-Traumfabrik wie dem europäischen Kino immer wichtiger. Mittlerweile sind nicht nur die hehren Namen der etablierten Cineasten wie Fernando Solanas, Eliseo Subiela und Adolfo Aristaraín hinreichend etabliert. Bevorzugte Themen sind, wie auch abgewandelt in "Las vidas posibles", Heimat, Verlust, Verzweiflung, Gewalt, Familie und Drogensucht. Keine einfache Filmkost, aber ungemein intensiv und expressiv.

23.09.2024

3

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Kommentare

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idefix07

vor 16 Jahren

Etwas vom hohlsten und einfallsärmsten, was ich mir in den letzten Jahren an der Leinwand angucken musste!


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