Un franco, 14 pesetas Spanien 2006 – 106min.

Filmkritik

Loblied auf die Schweiz

Filmkritik: Eduard Ulrich

Als Sechsjähriger zog Carlos Iglésias 1960 mit seiner Mutter in die Schweiz, wo sein Vater gutbezahlte Arbeit gefunden hatte. Doch schon nach sechs Jahren kehrte die Familie nach Spanien zurück. Genau diese Geschichte verfilmte der erfolgreiche Schauspieler in seinem Debutfilm als Regisseur: unspektakulär, aber sympathisch.

Drollig sind sie schon, die beiden spanischen Freunde, die sich nur mit etwas Gepäck, Wegzehrung und Touristenvisa ausgerüstet, aber ohne Deutschkenntnisse, auf den Weg in ein Ostschweizer Dorf machen, in dem eine Firma Metallarbeiter sucht und ein Mehrfaches von dem bezahlt, das sie in Madrid verdienen. Martin lässt Frau und Kind zurück, Marcos seine patente Freundin, aber ihre miserabel bezahlten Stellen erlauben es ihnen nicht einmal, eigene Wohnungen zu mieten: sie müssen bei ihren Eltern wohnen. Die Wohnung von Martins Eltern hat wenig Tageslicht, und das Verhältnis zur Schwiegertochter ist, wie so häufig, gespannt. Logischerweise ist es Martins Frau, die ihm den Vorschlag macht, in der Schweiz zu arbeiten, denn sie möchte eine Eigentumswohnung in einer neuen Überbauung kaufen, deren Grundmauern gerade errichtet werden.

Für das Publikum gibt es schon etwas zu lachen, wenn es den beiden dabei zusieht, wie sie sich durchschlagen, ohne die Gepflogenheiten und die Sprache dieses Landes zu kennen. Für die Beteiligten ist das nicht immer lustig, und die in Spanien gebliebenen Frauen leiden ebenfalls unter der Trennung und den spärlichen Nachrichten, denn Telefone waren damals noch Mangelware. Besonders bitter für die beiden Arbeitsabenteurer ist die geradezu feindliche Art, mit der sie ihr Arbeitskollege und vermeintlicher Landsmann aus Katalanien behandelt, der sich weigert, mit ihnen Spanisch zu sprechen.

Als Regie-Neuling musste Carlos Iglésias auf bewährte Leute zurückgreifen. Was lag da näher, als die Hauptrolle des Martin mit dem erfolgreichen spanischen Schauspieler Carlos Iglésias zu besetzen? Auch die anderen drei Hauptrollen sind adäquat besetzt, die Besetzungen der Nebenrollen fallen leider deutlich ab, und die Balance zwischen der Natürlichkeit der Laiendarsteller und ihrem etwas harzigem Spiel scheint mir nicht geglückt. Die Warnung am Anfang des Films "nach einer wahren Begebenheit" ist insofern berechtigt, als wenig unternommen wird, um das Geschehen zu verdichten. Viele Pointen sind zwar nicht schlecht, aber lang im Voraus abzusehen, was nicht nur am gemächlichen Tempo liegt.

Das Überraschende ist eher das Fazit des Films: die Schweiz ist ein schönes Land mit freundlichen Menschen, fairen Arbeitsbedingungen und guter technischer und sozialer Infrastruktur. Es besteht kein Grund, sogar aus dem berühmten Madrid auf die Menschen hinabzusehen, die in einem kleinen Land in einem kleinen Ort fern der Metropolen leben.

19.02.2021

3

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Kommentare

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Pimpollo85

vor 11 Jahren

Super Film, nichts erfunden. Spiegelt viele Geschichten von Spanischen Emigranten


robih

vor 13 Jahren

Ich durfte den Film vor paar Jahren im OpenAir kino sehen, wo auch C. Iglesias als Gast dabei war. Ein wunderbarer Film. Mich hat der Film sehr bewegt. Mein Vater ist 1965 ebenfalls aus Spanien in die Schweiz gekommen, und seine Erzählungen von damals haben viele Parallelen zu diesem Film.


wirto

vor 17 Jahren

Eifach en guete und witzige Film. Do isch jedi minute zum gnüsse.


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