CH.FILM

Boxing Jesus Schweiz 2007 – 91min.

Filmkritik

Glaube, Hiebe, Hoffnung

Rolf Breiner
Filmkritik: Rolf Breiner

Er prügelt sich als Preisboxer durchs Leben und fällt auf die Schnauze: Antonio rastet aus und landet in einer psychiatrischen Klinik. Die Insassen erküren ihn zum ersehnten Messias. Doch Antonio verweigert sich. Der Film des Schweizers Stefan Jäger erweist sich als schräge skurrile Komödie mit Poesie.

Er boxt viertklassig und fällt auf die Schnauze. Antonio (Claudio Caiolo) hat sich wieder eine blutige Nase geholt und rastet aus. Er proklamiert sich zum Jesus - und landet in der Klapse. In der idyllischen Anstalt, geleitet von einem sanften, träumerischen Direktor (Stefan Gubser), kommt er zur Besinnung. Doch die Insassen, allen voran Giorgio alias Johannes der Täufer (Carlo Monni) erküren ihn zum ersehnten Messias.

Antonio verweigert sich zuerst den Verrückten. Aber dann gehen ihm Augen und Herz auf. Er freundet sich mit den skurrilen Gestalten an - vom verrückten Musiker (Bobo Rondelli) über den Mann im Rollstuhl (Sergion Forconi), bis zum abseitigen Judas (Michael Finger) an. Und dann geistert noch eine weibliche Gestalt - eine Art Maria Magdalena (Bibiana Beglau) - durchs toskanische Gelände. Sie scheint stumm, taucht auf und entflieht. Sie ruft Sehnsüchte wach, auch bei Antonio. Malt sie die Bilder, denen Antonio begegnet und in denen er sich wieder erkennt?

In diesem irrwitzigen, aber auch poesievollen Garten besonderer Geschöpfe findet Giorgio, der sich für den Tod seines Sohnes verantwortlich fühlt, endlich Gehör und Antonio Erfüllung. Aber es ist ein krummer, manchmal dubioser Weg, verschlungen und bisweilen surreal. Findet Antonio/Jesus zu sich selbst, findet er die «Gläubigen» und diese zu ihm? Ist Jesus noch zeitgemäss, ist er denkbar in unserer Welt? Wahrscheinlich würde er, wie Stefan Jägers Films suggeriert, in der Klapse landen. Ein Messias ohne Natel, Laptop, PR-Aktionen und Kommunikationsteam?

Ein Fall vielleicht fürs Märchenland oder eben der Psychiatrie? Zusammen mit Hauptdarsteller Claudio Caiolo hat Regisseur Stefan Jäger - beide haben bereits in «Birthday» zusammen gearbeitet - «Boxing Jesus» entwickelt: mit einem Treatment, aber ohne eigentliches Drehbuch. Die Geschichte wird wie eine grosse Rückblende erzählt. Ein Mosaik entsteht, witzig gesponnen mit Raum für Spontaneität, mit schönen Momenten und auch ein wenig Klamauk. Der Schauplatz ist ein Anwesen bei Florenz, einst Residenz des Opernstars Enrico Caruso. Der «faustische» Film appelliert an Gläubigkeit, Nächstenliebe und Bestimmung. Eine schräge, skurrile Komödie mit biblischen Anleihen und ironischem Blick - nicht ohne tieferen Sinn.

15.02.2024

3

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Kommentare

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pascalulli

vor 16 Jahren

intelligentes berührendes kino mit humor
tolle schauspieler


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