Gibellina - Il terremoto 2007

Pressetext

Gibellina - Il terremoto

Die Erinnerung an etwas zu behalten, sei zwar wichtig, meint der pensionierte Bürgermeister des kleinen Ortes Gibellina, doch ebenso wichtig sei es, sie zu verlieren, um Platz für etwas Neues zu schaffen. Ein Jahr nach dem verheerenden Erdbeben, welches das kleine sizilianische Städtchen 1968 heimsuchte, trat Ludovico Corrao sein Amt an, um das völlig zerstörte Gibellina achtzehn Kilometer entfernt neu aufzubauen. Zu Beginn sieht man ein einziges Mal Archivaufnahmen der Katastrophe; wie Rettungsmannschaften verletzte Menschen und ein paar Ziegen aus den Trümmern holen, die notdürftig errichtete Zeltstadt, die in Wolldecken gehüllten Überlebenden.

Das neue Gibellina gilt heute als grösstes Freilichtmuseum Italiens, wenn nicht Europas: Seit den Siebzigerjahren haben hier unzählige Architekten verschiedene moderne Skulpturen in der Landschaft und mitten im Ort platziert, um dem Gedanken Corraos, dass «die Kunst der eigentliche Motor der Energie des Menschen» sei, Folge zu leisten. Doch die Freude darüber, dass sich mit dem Neubau die Möglichkeit auftat, feudale, von der lokalen Mafia geprägte Strukturen zu überwinden und Gibellina ein kulturell geprägtes Leben einzuhauchen, sollte von kurzer Dauer sein. Entstanden ist ein Ort ohne Zentrum und ohne Seele - Gibellina ist knapp vierzig Jahre nach dem Erdbeben und seinem Neubau dem sozialen Verfall preisgegeben. Joerg Burger richtet seine Kamera auf die vor diesem Hintergrund beinahe monströs wirkenden Bauten und Skulpturen und stellt diesen Bildern die Aussagen von EinwohnerInnen gegenüber. Nach einer kurzen Blütezeit hat Gibellina schon längst das Flair einer freundlichen Geisterstadt. Die Kunstwerke künden wie stumme Zeugen vom Niedergang des Ortes. Der nach Joseph Beuys benannte Platz ist menschenleer. Lebendig geblieben ist aber die Erinnerung der Bevölkerung an ihre ehemalige Heimat, deren Reste unter einer meterdicken Betondecke begraben sind.

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