Picnic Frankreich, Rumänien 2007 – 84min.
Filmkritik
Ausflug ins Unterbewusstsein
Der rumänische Regisseur Adrian Sitaru schickt einen Mann und zwei Frauen zu einem Sonntagspicknick, das immer skurrilere Formen annimmt.
Ein Paar fährt zum Sonntagspicknick, doch die Stimmung ist gespannt. Mihai (Adrian Titieni) hat Ärger am Arbeitsplatz und verlangt, dass Lubi (Ioana Flora) ihrem Ehemann endlich von ihrer Affäre erzählt. Und Lubi ist genervt, weil Mihai sie kritisiert. Plötzlich ein Knall, irgendwo auf einem verlassenen Feldweg. Vor dem Auto liegt reglos eine junge Frau (Maria Dinulescu). In Panik überredet Lubi Mihai, sie auf eine Lichtung zu schleppen und dort liegen zu lassen. Doch da schlägt die Frau die Augen auf. Was hat Ana, wie sie sich nennt, mitbekommen? Weiss sie, dass Mihai und Lubi Fahrerflucht begehen wollten? Sie lässt sich nichts anmerken, bittet aber darum, am Picknick teilnehmen zu dürfen. Lubi und Mihai trauen sich nicht, ihr den Wunsch abzuschlagen.
Mehr und mehr nimmt die Handlung absurde Züge an. Ein kurioser Mann mit Gewehr taucht aus dem Nichts auf und verschwindet wieder; ein Lieferwagenfahrer schenkt Iubi einen Herzballon - "zum Geburtstag". Und die Kulisse für das ungewöhnliche Picknick ist alles andere als idyllisch. Obwohl die Frauen leichte Sommerkleidchen tragen, wirkt die Landschaft spätherbstlich öde. Der See ist ein dunkler Tümpel, umgeben von gelblichem Gras. Hier nun beginnt Ana (oder heisst sie Violeta, wie der Lieferwagenfahrer behauptet?) Lubi und Mihai geschickt gegeneinander auszuspielen und das Misstrauen zwischen den beiden zu schüren. Das funktioniert, weil selten alle drei zusammen sind. Unten am See umgarnt sie in kindlich-unbeschwerter Art den fischenden Mihai und quetscht ihn über sein Liebesleben aus. Dann wieder nähert sie sich Lubi an, die am Hang auf einer Decke liegt, drängt sie aber zugleich, ehrlich zu Mihai zu sein.
Adrian Sitaru simuliert mit seiner Handkamera durchgehend ein menschliches Auge. Abwechselnd nimmt er den Blickwinkel einer anderen Figur ein und zeigt konsequent nur, was sie gerade sehen kann. Das schafft Distanz, zugleich aber nimmt man direkt am Geschehen teil. Da späht man mit Lubis Augen durch Gräser und Gebüsch zu Mihai und Ana, dann wieder als Mihai zu den beiden Frauen in der Ferne. Immer grotesker wird Anas Spiel - ihr widersprüchliches Verhalten und die Unkenntnis ihrer Ziele verleihen ihr etwas Unheimliches. Und zunehmend zweifelt man an ihrer Existenz und denkt an eine Ebene des Unbewussten. Aber wo fängt sie an, und wo endet sie?
Trotz starker Reduktion - wenig Figuren, Schauplätze, Handlung - bewahrt Sitaru die Neugier der Zuschauer. Durch Anspielungen und Überraschungen, und gerade weil sich die Rätsel nicht entschlüsseln und Raum für Fantasie lassen.
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