Shotgun Stories USA 2007 – 92min.
Filmkritik
Wer Hass und Gewalt sät
Hat sich Shakespeare nach Arkansas verirrt? Im Familiendrama von Jeff Nichols werden Söhne Opfer früh gesäten Hasses und falsch verstandener Familienbande. Verfeindete Brüder heizen die Spirale der Gewalt und Rache an. Sie sind Opfer und Täter zugleich. Die amerikanische Provinztragödie "Shotgun Stories" hat biblische Wucht: eine moderne Parabel über Kain und Abel.
Sie hausen wie verstossene Strassenköter, einer in einem Zelt, einer in einem Van und der dritte im verrotteten Elternhaus tief in der Arkansas-Provinz. Die Brüder Hayes sind Produkte eines Vaters, der vom Alkohol wegkam, eine neue Familie gründete und sie aus seinem neuen Leben ausschloss, und einer ausgesetzten Mutter, die vom Hass lebt und Hass streut. Sie haben keine eigentlichen Vornamen, sie nennen sich Son (Michael Shannon), der Leitwolf, Boy (Douglas Ligon), der gemütliche dickliche Bursche, der sich am liebsten in seinen Van zurückzieht, und Kid (Barlow Jacobs), dem Camper im Garten. Zwei malochen mehr oder weniger, einer faulenzt und geniesst den Sommer. Son hat Knatsch mit seiner Frau, die mit Söhnchen Carter ausgezogen ist. Man lebt gelassen in den Tag hinein, bis ihre Mutter vor der Tür steht und kurz angebunden kund tut, dass der Vater gestorben ist. Die drei Söhne tauchen bei der Beerdigung auf und Son zeigt, was seine Sache ist: Er spuckt auf den Sarg seines Vaters, der sie im Stich gelassen hat.
Das löst eine neue Hasswelle aus. Die Spirale von Ursache, Wirkung und Ursache, von Vorurteilen, Verletztheit, Vergeltung und der Gewalt heizt sich auf. Fadenscheinig geht es um Ehre, in Wahrheit um falsch verstandenen Familiensinn, Familienbande und -schutz. Es gibt Opfer und Tote. Findet man einen Ausweg aus dem Teufelskreis von Gewalt und Gegengewalt? Ist Versöhnung stärker als Vergeltung?
Auf "Rache kennt keine Sieger" markiert der 29-jährige Regisseur Jeff Nichols aus Texas, in Arkansas aufgewachsen, den Fokus seiner Familienfehde. In seinem ersten Langfilm geht es ihm um einfache Verhältnisse, in die Wut, Verlust und Schmerz einbrechen. Die Landschaft ist ihm bekannt - Kameramann Adam Stone hat sie in die Story quasi eingebettet, wohlgemerkt nicht mittels modisch gewordener Wackelkamera, sondern im Cinemascope-Format. Sie spielt mit, bleibt nicht nur Kulisse. Der Filmtitel "Shotgun Stories" mag vielleicht etwas irritieren, doch werden hier keine Storys à la Altman erzählt, die sich durchkreuzen, durchsetzen und vernetzen. Nichols' spröder Film ist mehr oder weniger linear angelegt. Er erinnert in gewisser Weise an "East of Eden" mit James Dean, hat biblische Wucht und lässt einen nicht kalt. Eine denkwürdige Entdeckung des amerikanischen Independent-Kinos.
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Kommentare
Ein hochdramatischer, an stiller Intensität und unheilschwangerer Atmosphäre kaum zu überbietender Film.
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