Jennas Kuchen - Für Liebe gibt es kein Rezept USA 2007 – 108min.

Filmkritik

Reich an kuchenkomischen Kitschkalorien

Rolf Breiner
Filmkritik: Rolf Breiner

Pie o Pie! Alles dreht sich bei Serviertochter Jenna um diese klebrig-süsse amerikanische Törtchen-Abart von Wähe. Doch die Pie-Queen hat Ehe- und Liebeskummer. In der zuckersüssen Pie-Romanze «Waitress» suhlt Adrienne Shelly, die selber eine Kellnerin spielt, im Kitsch. Die Regisseurin erlebte die Premiere ihrer Komödie nicht mehr: Sie wurde am 1. November 2006 von einem Jugendlichen erwürgt.

Sie sind keine Teenager mehr und rennen gleichwohl noch immer ihrem Glück, ihrer grossen Liebe hinterher. Die bebrillte, verunsicherte Dawn (Adrienne Shelly), die sich für ein hässlichen Entlein hält, hat zwar einen Verehrer, will aber von ihm partout nichts wissen. Ein Spontan-Dichter macht ihr trotz Abweisungen unermüdlich den Hof. Und wer kann schon einem Amor-Marathonläufer auf Dauer widerstehen? Blondine Becky (Cheryl Hines), verheiratet mit einem, der nie Zeit hat, macht ein Geheimnis um ihre amourösen Ambitionen. Der Lover wird geoutet, wir verraten ihn nicht.

Jenna ("Felicity"-Star Keri Russell - nett naiv und lecker anzuschauen) ist die gute Seele in Joe's Pie-Imbiss. Sie kreiert laufend neue Pie-Variationen und gibt ihnen blumige oder auch aus dem Leben gegriffene Titel wie "I hate my Man". Die Kellnerin mit Herz, die selbst den grummeligen Ladenbesitzer Joe (Andy Griffith) aufheitert, hat ein grosses Problem, und das heisst Earl (Jeremy Sisto, bekannt aus "Six Feet Under"). Er ist ihr Gatte, ein Kontrolleur und Parasit sondergleichen. Kurzum, dieser Macho ist eine Ausgeburt von Ausbeuter, Egoist und Tyrann. In ihrer seelischer Not lässt sich Jenna auf Schäferstündchen mit dem neuen (verheirateten) Hausarzt Dr. Pomatter (Nathan Fillion) ein - und wird schwanger. Weiss der Kuckuck, was sich Amor dabei gedacht hat!

Man stelle sich vor: Rosamunde Pilcher, Fabrikantin gefühlsschwulstiger Dramen, wäre auf die Idee gekommen, eine ihrer Romanzen in ein amerikanisches Südstaaten-Kaff und in einen Pie-Imbiss (statt auf ein herrschaftliches Anwesen) zu verlegen. Dann wäre ein zuckersüsser Auflauf wie "Waitress" denkbar. Doch weil der amouröse Kuchen in Amerika von Adrienne Shelly (Buch, Regie, Darstellerin) gebacken wurde, ist das Kino-Konfekt noch süsser, klebriger und kalorienhaltiger geraten. Die klischeehafte Liebeskomödie, in der Männer durchweg Triebtrottel, Machos, Monster oder gute Onkel sind, ist so abartig süss, triefend klebrig und kalorienstark wie eine American Pie. Die Komik bewegt sich im üblichen US-Klischee-Konsumrahmen - stets eine Portion über Mass. Der Clou ist freilich signifikant: Die Geburt wird zur Befreiung - vom Mann. Das ist doch was, darauf kann frau aufbauen!

Die kitschige Konfekt-Komödie brachte Adrienne Shelly mit Pie-Power in Schwung. Die Filmemacherin selber mimte eine unglückliche Serviertochter, die Amor freilich nicht links liegen lässt. Ein Frauenfilm mit ernsthaften Zwischentönen, wobei freilich Lust, Leckerei und Liebelei die Oberhand gewinnen. Tragisch. Regisseurin Shelly wurde am 1. November 2006 von einem jungen Illegalen getötet und erlebte deshalb die Filmpremiere am Sundance Filmfestival nicht mehr.

19.02.2021

3

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Kommentare

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Gelöschter Nutzer

vor 17 Jahren

wie lange ist es her das ich so einen wunderschönen film gesehen habe! traumhaft was hier adrienne schelly volbracht hat! schlimm das diese extrem talentierte frau ermordet wurde! danke für dises letzte wunder adrienne!


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