Frost/Nixon Frankreich, Grossbritannien, USA 2008 – 122min.

Filmkritik

Wahrheit / Watergate

Drei Jahre nach dem Watergate-Skandal interviewt Talkmaster David Frost den  früheren US-Präsidenten Richard Nixon. Ron Howard macht aus dem wohl berühmtesten TV-Duell der Geschichte einen grandiosen Kinofilm."Was bei einem Gespräch 'herauskommt', weiss keiner vorher. Die Verständigung oder ihr Misslingen ist wie ein Geschehen, das sich an uns vollzogen hat." 1960, als der Philosoph Hans Georg Gadamer diese Zeilen veröffentlicht, verliert Richard Nixon (Frank Langella) das erste TV-Duell der Geschichte gegen John F. Kennedy - und mit ihm die Präsidentschaftswahl.  Eigentlich ein schlechtes Vorzeichen für alle weiteren medialen Auftritte. Doch die Zeit vergeht. 1968 im zweiten Anlauf gewählt, zwingt der Watergate-Skandal 1973 Nixon als bisher einzigen US-Präsidenten zum vorzeitigen Rücktritt. Lauschangriffe, illegale Parteispenden, geheime Konten sowie der legendäre Einbruch ins Watergate-Gebäude scheinen vom Oval Office geduldet, wenn nicht initiiert worden zu sein.  Nixons vollumfängliche Begnadigung durch seinen Nachfolger Gerald Ford verunmöglicht jedoch jede juristische Aufklärung. Nixon selbst schweigt zu den Vorfällen. Vorerst.1976 ist es eine Art Schnapsidee des wenig erfolgreichen Talkshowmoderators David Frost (Michael Sheen), Nixon vor die Linse zu bringen, um ihm eine Stellungnahme zu Watergate zu entlocken. Nixon willigt ein - nicht ohne den Hintergedanken, sein Andenken mit Hilfe des vermeintlichen Schmalspurschwätzers Frost etwas aufzupolieren. Dass aus dieser Ausgangslage eines der berühmtesten Gespräche der TV-Geschichte entstehen würde, konnten beide nicht ahnen. Doch die Sprache, in der ein Gespräch geführt wird, trägt ihre eigene Wahrheit in sich, "entbirgt etwas, was fortan ist", wie Gadamer es sagt. Und so ist es denn diese Magie des Gesprächs, die uns in "Frost/Nixon" in ihren Bann zieht, dieser Geist des Unerwartbaren, der uns atemlos der nächsten Frage, der nächsten Antwort harren lässt, und es ist diese ganz eigene Wahrheit, die uns am Ende die Ohnmacht der Mächtigen tief am Seelengrund der Politik aufschimmern lässt. Psychologischer Determinismus hat in der Politik freilich wenig zu suchen, und so spielt auch "Frost/Nixon" vordergründig das Spiel von Schuld und Sühne, Sieg und Niederlage. Seit "A Beautiful Mind" wissen wir indes, dass Ron Howard sich glänzend auf vielschichtige Realitäten versteht. In "Frost/Nixon" gelingt es ihm, die Welt des Geredes, die Oberflächenstruktur medialer Durchschnittlichkeit zu unterminieren und jenseits von Gut und Böse seine eigenen, subtileren Geschichten zu erzählen. Frank Langella, ein Glücksgriff als Richard Nixon, leiht ihm dabei sein Gesicht in einer Weise, die uns in mancher Nahaufnahme den Atem nimmt. Und dass David Frost mehr zu den seichteren Persönlichkeiten im Fernsehgeschäft gehört, tut dieser Wirkung keinen Abbruch. Im Gegenteil.

07.06.2021

5

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Kommentare

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Janissli

vor 6 Jahren

Fast eine Art Dokumentation, trotzdem in Spielfilm-Form. Interessant vom Inhalt her, aber trotzdem teilweise ziemlich langwierig. Beeindruckt hat mich die Darstellung zweier Profis - des super abgeklärten & skrupellosen Politikers und des wagemutigen Moderators.


movie world filip

vor 12 Jahren

ein starke howard mit eine starke story, zusammen mit apollo 13 und beautiful mind die starkere howard filmen


neneli

vor 14 Jahren

Für meine Generation, die Watergate erlebt hat ein ganz interessanter Film, grandios gespielt.


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