Frozen River USA 2008 – 97min.

Filmkritik

Fluss der Hoffnungslosen

Thomas Hunziker
Filmkritik: Thomas Hunziker

Wer verzweifelt ist, wagt auch einmal eine illegale Tat. Davon erzählt Courtney Hunt in ihrem Regiedebüt «Frozen River». Zwei Frauen in Existenznöten überqueren einen gefrorenen Fluss, um Menschen über die Grenzen zu schmuggeln.

Ray (Melissa Leo) lebt mit ihren zwei Kindern in einem kleinen und schlecht isolierten Fertighaus in einem Ort an der Grenze des Staates New York zu Kanada. Ihr mageres Einkommen hat sie sich für den Kauf eines doppelt so grossen, modernen mobilen Heims angespart. Doch bevor die neue Bleibe angeliefert wird, hat sich ihr spielsüchtiger Mann mit dem Geld davongemacht. Wenn sie nicht innert kurzer Zeit das notwendige Geld auftreibt, ist auch die Anzahlung verloren.

Obschon Ray keine Lust hat, ihren Mann zu finden, stösst sie auf sein Auto. Sie folgt dem Fahrzeug und trifft dabei die Mohawk-Indianerin Lila (Misty Upham), die es an einer Bushaltestelle gefunden hat. Lila ist seit dem Tod ihres Mannes eine ausgestossene im Reservat. Da Lila ebenfalls auf Geld angewiesen ist, unterbreitet sie Ray ein riskantes Angebot. Durch den Schmuggel von Immigranten über den gefrorenen Saint Lawrence sollen sie zu schnellem Geld kommen.

Ray und Lila sind ziemlich armselige Geschöpfe. Beide sind äusserst naiv und handeln lieber impulsiv anstatt überlegt. Das führt sie immer wieder in Schwierigkeiten. Ray ist zudem auch voller Vorurteile und flucht gerne über ihre Fracht. Wenn die Immigranten schon unbedingt in die USA wollen, sollen sie doch wenigstens Englisch lernen. Lila wiederum ist extrem bockig und verzichtet daher auch auf eine Brille, die ihre Sehschwäche beheben würde.

Die Voreingenommenheit von Ray führt dann auch zu einigen abstrusen Szenen. Sie wirft eine Tasche von Pakistanern mitten auf dem Fluss vorsichtshalber aus dem Auto. Schliesslich könnte sich darin eine Bombe befinden. Allerdings war darin das Baby des Ehepaares. Als die Schmugglerinnen später zurückkehren, ist das Baby zwar zuerst noch gefroren, nach dem Auftauen aber immer noch wohlauf. Mag sein, dass solch tiefgekühltes Leben tatsächlich möglich ist, besonders glaubwürdig ist die Szene trotzdem nicht.

Auch sonst verhalten sich die beiden Hauptfiguren selten auch nur halbwegs rational. Es fällt daher ziemlich schwer, Mitgefühl für sie zu Empfinden. Das war aber vermutlich gar nicht die Absicht von Regisseurin und Drehbuchautorin Courtney Hunt. Sie orientiert sich ganz am Elend ihrer Figuren und bietet kaum einen Hoffnungsschimmer. Die Inszenierung ist dementsprechend konsequent trostlos. «Frozen River» ist ein nüchternes Drama, das durch seine hoffnungslosen Figuren entweder Betroffenheit oder einfach nur Entsetzen auslöst.

16.11.2009

3

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Kommentare

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she

vor 15 Jahren

Ein wirklich realistisches und bewegendes Drama um Leben, Überleben, Gewinnen und Verlieren.


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