La Bohème Österreich, Deutschland 2008 – 106min.
Filmkritik
Grosse Oper unfilmisch inszeniert
Robert Dornhelm inszenierte Giacomo Puccinis Mitte des 19. Jahrhunderts spielende und 1896 uraufgeführte Oper um eine Gruppe armer Pariser Künstler und eine tragisch endende Liebe als Vehikel für die Opernstars Anna Netrebko und Rolando Villazón.
Zur Weihnachtszeit frieren und hungern der Poet Rodolfo (Rolando Villazón), der Maler Marcello (Gerhard van Bergen), der Philosoph Colline (Vitalj Kowaljow) und der Musiker Shaunard (Adrian Eröd) in ihrer Pariser Mansarde. Sogar ein Manuskript müssen sie verbrennen, um sich zu wärmen, und zudem fordert auch noch der Hausherr die Miete ein. Da helfen nur ein Ausbruch aus der Tristesse und die Flucht ins quicklebendige Quartier Latin. Doch Rodolfo bleibt noch zurück und lernt so seine Nachbarin Mimì (Anna Netrebko) mehr als nur kennen. Rasch entwickelt sich eine leidenschaftliche Liebe, doch da der Dichter arm und die geliebte Näherin lungenkrank ist, ist dem Paar kein Happy End vergönnt.
Die Musik, der Gesang: dass diese Komponenten angesichts der Komposition von Giacomo Puccini und der Besetzung der Hauptrollen mit den Opernstars Anna Netrebko und Rolando Villazón vom Feinsten sind und nichts auszusetzen lassen, versteht sich fast von selbst. Anders sieht es freilich mit der Inszenierung von Robert Dornhelm aus. Mit einer prononcierter Farbdramaturgie, bei der zwischen in beinahe monochromes Schwarz und Weiss getauchten Außenszenen, einem in warmem Rot leuchtenden Cafe und den fahlen, Kälte und Armut ausstrahlenden Farben der Dachgeschosswohnung gewechselt und auch kurze Schwarzweissszenen eingestreut werden, versucht der Österreicher seiner Opernverfilmung zwar einen filmischen Anstrich zu geben, doch bleibt dies schicke Attitüde und lässt dramaturgische Notwendigkeit und Konsequenz vermissen. Die Künstlichkeit, die eine Oper wohl immer schon an sich auszeichnet, wird dadurch zwar noch verstärkt, doch der Mut zur radikalen Übersteigerung, die dieser "La Bohème" Verve verleihen könnte, fehlt.
Begrüssen mag man, dass Dornhelm auf Aktualisierungen und modische Schnörkel verzichtet, doch geht seinem Film andererseits jeder eigene Interpretationsansatz ab, bleibt bieder und hausbacken und zielt vor allem darauf ab für die beiden Stars eine Bühne zu schaffen. Netrebko und Villazón brillieren zwar sängerisch, doch in den zahlreichen Grossaufnahmen wirkt der auf der Bühne durchaus angebrachte Hang zu großen Gesten und ausdrucksvoller Mimik höchst deplatziert. Und unübersehbar ist schliesslich einerseits in der Dominanz der Großaufnahmen, dass Fernsehstationen und die auf TV- und Videoproduktionen von Opern und Operetten spezialisierte Unitel als Hauptproduzenten fungierten, und andererseits in der nicht überzeugenden Ausnützung der grossen Leinwand das fehlende Gespür des in den letzten Jahren vorwiegend fürs Fernsehen arbeitenden Dornhelm für die Möglichkeiten und Herausforderungen des Breitwandformats.
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