Lenin kam nur bis Lüdenscheid - Meine kleine deutsche Revolution Deutschland 2008 – 88min.

Pressetext

Lenin kam nur bis Lüdenscheid - Meine kleine deutsche Revolution

"Lenin kam nur bis Lüdenscheid. Bis Solingen ist er nicht gekommen. Aber fünfundzwanzig Kilometer weiter östlich, im Zeltlager in Lüdenscheid, schien die Weltrevolution bereits geglückt", erinnert sich Richard David Precht an den sozialistischen Kosmos seiner Kindheit. Geboren in eine Zeit, die von politischen Umwälzungen in Deutschland und der ganzen Welt geprägt ist: 1964, das Jahr, in dem die letzte gesamtdeutsche Olympiamannschaft bei Olympischen Spielen antritt, der Oberste Sowjet Nikita Chruschtschow im für manche so nahen Russland sämtliche Ämter verliert und die ersten Menschen in Solingen und anderswo gegen die Gefahr eines Atomkrieges demonstrieren.

Während sich das Gesicht der Welt auf dem globalen politischen Parkett tiefgreifend verändert, versucht eine Solinger Familie, sich und ihren Kindern ein kleines Universum inmitten kapitalistischen Feindeslandes zu konstruieren. Vater Precht liest Marx und Engels, während Sohn Richard die Rauschebärte der Avantgarde mit dem des Tiervaters Brehm verwechselt.

Überhaupt entwirft der Junge in seinem Solinger Kinderzimmer seine eigene Welt - einen Mikrokosmos, der vieles durcheinander wirft: Die DDR stellt er sich als riesigen, durch eine hohe Mauer geschützten Zoo vor - er hatte gelesen, dass der Tierpark Berlin-Ost tatsächlich der größte der Welt sei. Mutter Precht trennt scharf zwischen Gut und Böse, Sozialismus und Kapitalismus. Coca-Cola ist zu Hause ebenso verpönt wie Raumschiff Enterprise. Richard und seine Geschwister dürfen Asterix lesen, weil das irgendwie subversiv ist und die Römer die Besatzer sind, so ähnlich wie die Amerikaner.

Richard David Precht, auf dessen gleichnamigem Buch der Dokumentarfilm "Lenin kam nur bis Lüdenscheid" basiert, liefert die unverklärte Sicht auf das wichtigste Kapitel der jüngsten deutsche Geschichte - den freien naiven Blick eines Kindes und gleichzeitig ein Fallbeispiel, das die "68er" im Jubiläumsjahr 2008 in ein neues, mindestens so unterhaltsames wie erhellendes Licht rückt. Der Film ist eine liebevolle Auseinandersetzung mit der Wucht idealistischer Erziehung, die so fortschrittlich daherkam, aber nur schlecht auf die Zukunft vorbereitete. Mit ironischem und selbstironischem Blick zeichnen der Autor Richard David Precht und der Kölner Dokumentarfilmregisseur André Schäfer eine Kindheit in der westdeutschen Provinz nach - und bringt die großen Ereignisse jener Jahre in ganz andere, kleinere und sehr private Zusammenhänge.

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