Let's Make Money Österreich 2008 – 112min.

Filmkritik

«Rien ne va plus» im Kapitalkasino

Filmkritik: Eduard Ulrich

Wer wünscht sich nicht einen Kapitalstock, von dessen Zinsen er leben kann? Einige leben so - natürlich auf Kosten anderer. Erwin Wagenhofer, Spezialist für den globalen Blick aufs Detail, knöpft sich nach "We Feed The World" das in eine spektakuläre Krise geratene Finanzsystem vor und zeigt, wer die Zeche zahlt.

Wenn man erfährt, dass Erwin Wagenhofer zu zweit mit Lisa Ganser die Hauptarbeit geleistet hat, könnte man ihn schon für größenwahnsinnig halten, denn er hatte sich offenbar vorgenommen, für die Mechanismen und Folgen des globalen Finanzsystems unmittelbar einsichtige, konkrete Bilder zu finden. Denkanstoß war der Werbespruch einer (vielleicht sogar Zürcher) Bank: "Lassen Sie Ihr Geld arbeiten!"

Dieser Unfug ging ihm so auf die Nerven, dass er beschloss herauszufinden, was das genau hieße, wenn unser Geld "arbeitet". Nichts Gutes, soviel sei verraten. Das Paradoxon von der wundersamen Geldvermehrung dank optimaler Investitionen im globalem Finanzsystem ist zwar ein hoch brisantes Thema, aber es ist wegen seiner Komplexität und seiner abstrakten Natur schwierig, visuell sinnvoll darzustellen, ohne an der Oberfläche zu bleiben. Ganz gefeit sind Regisseur Wagenhofer und seine Kamerafrau Ganser nicht davor, wenn sie beispielsweise kreisende Geier menetekelhaft ins Bild rücken.

Sie führen aber die scheinbar unentwirrbaren Transaktionen und undurchdringlichen Zusammenhänge auf einfache Prinzipien zurück, deren praktische Wirkungen sie exemplarisch darstellen und in konzentrierten Gesprächen mit überzeugenden Fachleuten auf den Punkt bringen. Sie reisen um die halbe Welt und illustrieren beide Seiten: einen Finanzhai, der den Schlund nicht voll genug kriegen kann, und ein afrikanisches Schürfgebiet, in dem sich eine 10jährige beim Steineschleppen die Gesundheit ruiniert.

Wagenhofer hat ein Talent, Leuten wie Peter Brabeck (im vorhergehenden Film) oder dem Ressortleiter des Wirtschaftsteils der NZZ (in diesem Film), eine Bühne einzurichten, auf der sie unbeschwert ihre gravierenden intellektuellen Defizite präsentieren. Kommentar überflüssig, Selbstentlarvung ist das Prinzip, das Publikum ist eingeladen mitzudenken. Wer immer schon wissen wollte, wie die Leute gestrickt sind, die ohne Rücksicht auf Verluste Gewinne mach(t)en und wie sie es anstell(t)en, der kommt auf seine Rechnung, denn Zahlen und Fakten werden wohldosiert verabreicht. Schade nur, dass Gegenkräfte wie beispielsweise die Grameen-Bank von Nobelpreisträger Muhammad Yunus, die unlängst eine Filiale in New York eröffnete, nicht vorgestellt werden.

17.02.2024

4

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Kommentare

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cinemauser

vor 15 Jahren

Oho, der Beitrag von Thomas (siehe unten) ist so aufgebracht geschrieben, dass der Schreiberling (Thomas) nicht einmal Erwin Wagenhofers Namen richtig schreiben konnte. Ohoh, das zeigt schon, wieviel Wahres im Film steckt.
Bitte echte Wertmehrung in der Schweiz, keine künstlichen Blasen der Investmentbanker.Mehr anzeigen


cinemauser

vor 15 Jahren

Ein Muss. Sehr gut recherchiert. Noch besser die dazugehörige Website:
http: //letsmakemoney. de/


kuner

vor 15 Jahren

Herr Wagenbachs Film ist handwerklich schlecht gemacht, langweilig und langatmig.
Was den Inhalt angeht, so sagt der Film sehr viel über Wagenbach, aber sehr wenig zu Thema aus. Neben unkommentierten sachlichen Unwahrheiten zeigt das Machwerk auch deutlich, das Wagenbach sich zu einem Thema äussert, von dem er überhaupt nichts versteht. Einfach nur peinlich. Schade, denn man hätte mit dem Thema auch einen wirklich guten Beitrag machen können.

Nie wieder ein Wagenbach-Film, bitte!Mehr anzeigen


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