Sita Sings the Blues USA 2008 – 82min.

Filmkritik

Indische Blues-Göttin

Filmkritik: Cindy Hertach

Nina Paley verbindet ihre Biographie mit dem tragischen Schicksal einer verstossenen Hindu-Göttin: Der in fünfjähriger und vollständiger Eigenregie entstandene Animationsfilm brilliert weniger durch eine raffinierte Story als durch die charmante und ästhetisch einfallsreiche Umsetzung.

Als die amerikanische Cartoon-Künstlerin Nina Paley sich 2003 niedergeschlagen an ihren Computer setzte, um die Geschichte der mythischen Göttin Sita aufzuzeichnen, war sie krank vor Liebeskummer. Einige Monate zuvor hatte ihr Mann, der gerade für einen Job in Indien weilte, per Email mit ihr Schluss gemacht. Nach dem ersten Schock vergrub sich Paley in das antike indische Nationalepos Ramayana und hörte sich dazu die alten Hits der Jazz-Sängerin Annette Hanshaw an. Sowohl im Epos als auch in der Musik entdeckte die Mittdreissigerin eine Entsprechung zu ihrem eigenen Herzschmerz und beschloss, diesen in einem Trickfilm zu verarbeiten.

Das Ergebnis ist ein eklektizistisches und ironisches Spiel mit Formen, Epochen und Genres. Paley verwendet für ihre Geschichte mehrere ganz unterschiedliche Animationstechniken, die vom klassischen Zeichentrick über schablonenhafte Collagen bis hin zu moderner Computer-Animation reichen. Jedem einzelnen Erzählstrang ordnet sie einen bestimmten Animationsstil zu: Das antike Epos wird in aufwändig gemalten Bildcollagen dargestellt, die an die indische Rajput-Malerei aus dem 18. Jahrhundert angelehnt sind. Die Musik-Nummern, in denen die verlassene Sita die Songs von Annette Hanshwa zum Besten gibt, kommen im Look einer reizenden und schnörkellosen Flash-Animation daher. Und um die Tristesse ihrer eigenen unglücklichen Liebesgeschichte hervorzuheben, verwendet Paley für den autobiographischen Teil einen farblosen und skizzenhaften Zeichenstil und setzt damit auch gleich einen feinen Kontrapunkt zur vorherrschenden üppigen Ästhetik.

Der eigentliche Mittelpunkt des Films ist das dramatische Schicksal der indischen Göttin Sita, die von ihrem Gemahl Prinz Rama durch eine Hof-Intrige getrennt, wiedervereint und schliesslich verstossen wird. Auf einer Meta-Ebene wird dieses Geschehen von drei witzigen indonesischen Schattenfiguren erzählt und kommentiert und in schöner Regelmässigkeit von unterhaltsamen Gesangseinlagen unterbrochen. Zusammen mit Paleys Trennungsgeschichte verbindet sich die knallbunte Mélange zu einer wunderschön anzusehenden kultur- und epochenübergreifenden Reflexion über die Liebe und das Verlassenwerden.

20.10.2009

4

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Kommentare

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Gelöschter Nutzer

vor 15 Jahren

Da sich die Programmatoren in Bern entschieden haben den Film nach nur einer (!) Woche in einem kleinen Kino aus dem Programm zu schmeissen möchte ich darauf hinweisen, dass Nina Paley, die Alleinschöpferin dieses extravaganten visuellen Spektakels, den Film online GRATIS zum download anbietet! wenn gewünscht sogar in HD.

auf http: //sitasingstheblues. com/watch. html
findet man die links. Auf ihrer seite erklärt sie auch die finanziellen Konflikte, die es gab wegen der Lieder von Hanshaw.
höchst empfehlenswert! viel spassMehr anzeigen


Gelöschter Nutzer

vor 15 Jahren


thehoo

vor 15 Jahren

trotz dünner story ist dieses feuerwerk an visuellen ideen sehenswert: kreativ, witzig und offenbar praktisch alles "homemade" (http: //sitasingstheblues. com/faq. html). super dialoge im scherenschnitt-format. schade nur: die musik von annette hanshaw wird nach dem x-ten song nervig. statt eine platte bis zum geht-nicht-mehr abzuspielen, wäre hier etwas mehr musikalische breite wünschbar gewesen.Mehr anzeigen


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