Albert Schweitzer - Ein Leben für Afrika Deutschland, Südafrika 2009 – 114min.

Filmkritik

Ehrfurcht vor dem Schweitzer?

Filmkritik: Eduard Ulrich

Das Multitalent Albert Schweitzer, der bilingue elsässische Friedensnobelpreisträger, ist in vieler Hinsicht ein Vorbild, an das zu erinnern im doppelten Sinn verdienstvoll sein könnte. Dass das betuliche Portrait seines letzten Lebensabschnittes neue Freunde für Schweitzers Ideale gewinnt, muss allerdings bezweifelt werden.

Wenn die Amerikaner einen Film über eine ausländische Persönlichkeit oder Angelegenheit drehen, wird es immer ein Film über sie selbst. Schon der Einstieg ebnet den Weg dazu, denn Albert Schweitzer (Jeroen Krabbé) bereist die USA, um sein bankrottes Spital zu retten. Dort vergiftet gerade der erzkonservative Senator McCarthy das gesellschaftliche und politische Klima, und auch Schweitzer gerät ins Fadenkreuz dieses Kommunistenjägers, weil er sich mit Albert Einstein und anderen Prominenten gegen Atomwaffen und für den Pazifismus ausspricht.

Wie die CIA Schweitzer ausschalten will, nimmt einen beträchtlichen Raum ein, hat aber mit Leben und Werk Schweitzers nichts zu tun. Diese Zeit fehlt, um die vielen Facetten Schweitzers aufzufächern, der Theologie, Philosophie, Orgel, Musikwissenschaften und Medizin studierte und auf allen Gebieten ein professionelles Niveau erreichte. Wenn dann Zeit gespart wird, indem beispielsweise, während Schweitzer vor Publikum an der Orgel brilliert, seine Gedanken in Rückblenden wandern, ist das falsch, denn kein Virtuose verliert am Instrument den Fokus.

Mehr Glück hat die Kamera, wenn sie aus der Vogelperspektive auf den afrikanischen Urwald blickt. Problematisch wird's indes, sobald Menschen ins Spiel kommen. Die Schwarzen sprechen mit kehligem Akzent Synchrondeutsch, die Leprösen preisen ihre fehlenden Gliedmaßen, und das europäische Klinikpersonal pendelt zwischen aufmüpfig und devot, denn Schweitzer regiert mit harter Hand. Alles sieht dabei wie eine koloniale Postkartenidylle aus, der angeblich schwierige Charakter Schweitzers muss sich in einer Konfliktepisode manifestieren.

Die drei Drehbuchautoren sind sich nicht für den albernen Kalauer zu schade, wenn sich die beiden berühmten Alberts begegnen und sich immer wieder mit eben demselben Rufnamen gegenseitig anreden. Dass insbesondere Einstein in dieser Szene wie ein seniler Narr wirkt, ist wohl unfreiwillige Peinlichkeit als Pendent zur unfreiwilligen Komik, mit der die Regie auch sonst nicht geizt. Am Ende hofft man, dass die hier vorgeführte Person mit der historischen Persönlichkeit nur ein paar biografische Stolpersteine gemeinsam hat. Wer wirklich etwas erfahren will, ist mit der jüngst erschienen Biografie besser bedient, denn der Film ignoriert Schweitzers ethisches Credo, Ehrfurcht vor dem Leben, konsequent.

08.08.2012

2

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Kommentare

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gefuehlsmensch

vor 10 Jahren

hat mich nicht abgeholt der Film.


Patrick

vor 13 Jahren

Gut gespieltes Politik-Drama mit einem Jeroen Krabbé in Top Form.


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