Die Friseuse Deutschland 2010 – 111min.
Filmkritik
Mit Strähnchen, Plastikschmuck und guter Laune
Mit "Kirschblüten" gelang Doris Dörrie ein viel beachtetes Comeback; für "Die Friseuse" schwebte ihr wohl eine Feelgood-Sozialstudie nach britischem Vorbild vor. Doch die deutsche Regisseurin beweist vor allem, dass sie noch immer etwas übrig hat für deftige Albernheiten.
Das Schicksal hat es nicht gut gemeint mit Kathi König (Gabriela Maria Schmeide). Die Mittvierzigerin ist arbeitslos, vom Mann für die beste Freundin verlassen worden und deswegen gemeinsam mit Teenager-Tochter Julia (Natascha Lawiszus) aus der Vorstadtidylle zurück in den Berliner Plattanbau gezogen. Dass ihr dort das morgendliche Aufstehen schwer fällt, liegt allerdings nicht an verlorenem Lebensmut. Kathi kommt nur einfach nicht ohne weiteres aus dem Bett. Denn zu allem Überfluss ist sie auch noch ziemlich dick.
Doch selbst, als man sie beim Friseur im Einkaufszentrum nicht einstellen will, weil sie zu unästhetisch sei, lässt sich Kathi nicht unterkriegen. Aus dem leer stehenden Asia-Imbiss ein paar Türen weiter will sie einfach ihren eigenen Salon machen, für dessen Finanzierung sie auch nicht davor zurückschreckt, eine Gruppe von Vietnamesen über die polnische Grenze nach Berlin zu schleusen.
Nach dem fernen Japan erkundet die Münchner Regisseurin Doris Dörrie mit Ostberlin abermals eine ihr fremde Welt, die sie genau wie in "Kirschblüten" mit einer flexiblen Digitalkamera filmt. Erstmals in ihrer Karriere greift sie dabei auf ein Drehbuch zurück, dass sie nicht selbst geschrieben hat: Das Stehauffrauchen Kathi König, das mit den bunten Strähnchen im Haar und dem auffälligen Plastikschmuck um den Hals auf einem realen Vorbild basiert, stammt aus der Feder von Laila Stieler ("Wolke 9").
Eine Feelgood-Sozialkomödie im Stile von Mike Leighs "Happy Go-Lucky" mag man hier im Sinn gehabt haben, doch die feine Gratwanderung zwischen Komik, Melancholie und ernstem Anliegen gelingt leider eher selten. Zu oft setzt Dörrie auf grellen Klamauk und lässt alle Subtilität oder Tiefe des Vorgängers vergessen. Dass Kathi König trotzdem in jedem Moment ihre Würde behält und "Die Friseuse" allgemein doch als Porträt einer bemerkenswert lebensmutigen Frau taugt, liegt deswegen allein an der wunderbar energischen und warmherzigen Gabriela Maria Schmeide ("Halbe Treppe") in der Hauptrolle.
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