Pianomania Österreich, Deutschland 2009 – 97min.

Filmkritik

Klangtüftler im Dienste der Solisten

Filmkritik: Eduard Ulrich

Schule des Hörens oder esoterische Übung? Ein Klavierbauer versucht das unmögliche, das Publikum denkt wohl manchmal an ein akustisches Placebo. In die Begeisterung für dieses elitäre Thema mischen sich ein paar Wermutstropfen.

Viele Stunden über mehr als ein Jahr verteilt verbrachten die Dokfilmer Lilian Franck und Robert Cibis mit dem Flügelklangspezialisten Stefan Knüpfer. Im Zentrum des Konzentrats steht die Zusammenarbeit mit Pierre-Laurant Aimard während der Vorbereitungen zur Einspielung von Bachs "Kunst der Fuge".

Aimard, der sich einen Namen mit Aufnahmen extrem anspruchsvoller zeitgenössischer Musik gemacht hat, formuliert Vorstellungen, die einen schwindeln lassen. Da muss das pechschwarze Instrumentenungetüm einmal wie ein Clavichord klingen, ein Vorläufer des Cembalos, das einen dünnen, zittrigen Ton wie ein Halbstarker im Stimmbruch produziert, ein andermal wie eine Orgel in voller Registratur. Und das sind nur zwei der Klangwelten, die sich Aimard wünscht - wohlgemerkt: alle auf ein und demselben Instrument, das "nur" verschieden präpariert sein soll.

Knüpfer, der diese Klangvorstellungen zunächst zu verstehen und dann geduldig und erfindungsreich umzusetzen versucht, war selbst einmal Pianist, bevor er eine Lehre als Klavierbauer antrat. Jetzt ist er so etwas wie der Calatrava der Konzertflügeltechnik, der zu jeder Aufgabe nach einer Lösung sucht, dabei selbstentwickelte Werkzeuge einsetzt und auch vor Eingriffen ins Instrument nicht zurückschreckt - oder haben Sie schon mal einen Flügel mit Segeln gesehen oder gar gehört? Der Film zeigt sehr schön, wie schwierig es ist, über Klänge zu reden. Genauso wie für die Musik selbst, gibt es nämlich kein Vokabular dafür - oder haben Sie schon mal eine Melodie mit Worten so beschrieben, dass jemand, der diese Melodie nicht kannte, sie singen oder erkennen konnte?

Gerade hier stößt der Film aber auch an seine technischen Grenzen, denn die verbalisierten Klang-Nuancen waren für den Autor, selbst Kenner dieser Musik mit geschulten Ohren, in den meisten Fällen nicht wahrzunehmen. Vielleicht liegt das daran, dass die Übertragungskette vom Mikrofon bis zum Lautsprecher im Saal zuviel von dem verschluckt, was das menschliche Ohr bei der Originalquelle noch als Unterschied wahrnimmt. So entsteht die komische Situation, dass da zwei todernst miteinander diskutieren, und es doch wie ein Gespräch unter Scharlatanen wirkt. Franck und Cibis lassen alles unkommentiert stehen, manchmal wäre ein wenig Kritik oder Erklärung von Vorteil.

17.02.2024

4

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Kommentare

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liliandomino

vor 14 Jahren

habe den film in österreich gesehen und war begeistert, obwohl ich kein musikfan bin


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