Yo, también Spanien 2009 – 105min.

Filmkritik

Eine ganz (un)normale Liebe

David Siems
Filmkritik: David Siems

Grosses spanisches Gefühlskino abseits von Pedro Almodóvar und Alejandro Amenábar? Gibt es! "Yo, también" ist die Liebesgeschichte zwischen einem hochbegabten Mann mit Down Syndrom und einer Frau, die sich ihm nach anfänglichem Zögern nähert. Beim Filmfestival in San Sebastián wurden Lola Dueñas und Pablo Pineda als Beste Hauptdarsteller ausgezeichnet.

"Warum gerade ich?", fragt Laura (Lola Dueñas) den kleinen Mann mit den traurigen Augen neben ihr. "Weil du mir das Gefühl gibst, normal zu sein", sagt Daniel (Pablo Pineda). "Aber warum willst du normal sein?"

Der Film "Yo, también" des Regie- und Autoren-Duos Antonio Naharro und Álvaro Pastor ist ein bewegender Liebesfilm und die Lebensgeschichte von Hauptdarsteller Pablo Pineda, dessen Alter Ego wir auf der Leinwand kennenlernen. Daniel ist mit einem Chromosom zuviel auf die Welt gekommen, ein klitzekleiner Fehler, der ihm allerdings von Beginn an zeigt, wie gross der Unterschied zwischen ihm und den anderen Menschen sein kann.

Daniel ist vielleicht behindert, aber keineswegs weniger begabt als andere: Als erster Down-Syndrom-Patient in Europa schließt er ein Hochschulstudium mit Auszeichnung ab (eine weiter Parallele zur Biografie von Pablo Pineda). Doch trotz seiner Begabung kann Daniel natürlich kein "normales" Leben führen, zu stark sind noch immer die Vorurteile gegenüber Menschen mit seiner Behinderung. Genau auf diesen emotionalen Punkt setzt der Film seinen Focus, der tief hinein schaut in die Seele eines gebrochenen Mannes, der konstant dagegen ankämpft, als Behinderter stigmatisiert zu werden.

Dabei verlangt "Yo, también" nicht etwa Verständnis oder Mitleid vom Publikum, sondern zeigt auf hervorragende Weise die zerrüttete Lebenswirklichkeit eines kleinen Mannes, der täglich gegen die Windmühlen der Gesellschaft ankämpft. Dabei charakterisieren die Filmemacher ihren Protagonisten als starken, aber gleichzeitig verletzlichen Helden, der auf den Brücken zwischen den Welten auf und ab geht. Hier die Normalen, dort die Behinderten - Daniel bleibt irgendwo dazwischen gefangen.

Wie fast jeder Film braucht natürlich auch "Yo, también" sein Motiv des love interest, der bedingungslosen Liebe, die hier auf eine interessante Ebene geführt wird. Laura (Lola Dueñas, eine der vielen Musen von Landsmann Pedro Almodóvar) bringt ihrem neuen Kollegen Daniel zunächst zarte Sympathie entgegen, die sich nach und nach zu einer tiefe Zuneigung und Liebe entwickelt.

Der Film dekonstruiert dabei auch geschickt gesellschaftliche Tabu-Fragen: Wie leidenschaftlich sieht die Beziehung zwischen einem Down-Syndrom-Patienten und einer gesunden Frau aus? Welche Bedürfnisse und Ängste haben Menschen mit Behinderung? Sollten wir unser Mitleid nicht verbannen, damit Behinderte ein normales Leben führen können? Auch wenn "Yo, también" darauf keine Antworten, sondern lediglich berührende Lösungsansätze liefert, darf man trotzdem von einem absoluten spanischen Kino-Highlight sprechen.

17.02.2024

4

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Kommentare

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Patrick

vor 12 Jahren

Behutsame Arthouse-Lovestory über: Das die Liebe für alle da ist sei es mit oder ohne Handicap das Filmende ist sehr realischtisch.


isabel1984

vor 14 Jahren

ein sehr eindrücklicher Film über ein Tabu-Thema.


jcp007

vor 14 Jahren

Ein sehr eindrücklicher Film, der mir unter die Haut ging, mal witzig, mal lustig, mal traurig, mal zum Nachdenken, auf alle Fälle sehenswert


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