Cirkus Columbia Belgien, Bosnien-Herzegowina, Frankreich, Deutschland, Serbien, Slowenien, Grossbritannien 2010 – 111min.

Filmkritik

Mit Geld kann man alles kaufen

Jörg Hüssy
Filmkritik: Jörg Hüssy

Der bosnische Filmemacher Danis Tanovic wendet sich erneut dem Krieg in seiner Heimat zu. Nachdem er in seinem Oscar-gekrönten Debüt No Man's Land den Konflikt anhand zweier feindlicher Soldaten geschildert hat, spielt die politische Komödie Cirkus Columbia am Vorabend des Krieges.

Im Sommer 1991, nach dem Zusammenbruch des Kommunismus, kehrt Divko Buntic(Miki Manojlovic) mit seinem schwarzen Mercedes in seine kleine Heimatstadt in der Herzegowina zurück. 20 Jahre politisch motiviertes Exil in Deutschland haben ihm eine Menge Geld eingebracht, die Lust auf Rache an den Kommunisten aber nicht genommen. Mit seinem geliebten schwarzen Kater, der jungen Schönheit Azra und viel Deutschen Mark hält er die Kleinstadt in dieser politisch unsicheren Zeit auf Trab. Doch am Horizont zeichnet sich bereits ein Konflikt grösseren Ausmasses ab.

In seiner unprätentiösen Erzählweise erinnert Cirkus Columbia - trotz seines politischen Themas auch ein typischer Sommerfilm (süd-)osteuropäischer Ausprägung, der die Leichtigkeit des Seins zelebriert - mehr an die frühen Filme Emir Kusturicas als an dessen überbordenden kaum zu zähmenden Burlesken nach der Wende. Zudem bringt Tanovic 25 Jahre nach Kusturicas zweitem Kinofilm Papa ist auf Dienstreise die grossartigen Schauspieler Miki Manojlović und Mira Furlan wieder zusammen auf die Leinwand.

In beiden Filmen spielen gegensätzliche Gesinnungen und innerfamiliäre Konflikte in politisch unruhigen Zeiten eine Hauptrolle. Während in Kusturicas Film dem Hauptdarsteller seine stalinistische Ideologie und sein Begehren nach der jungen von Mira Furlan gespielten Frau zum Verhängnis wurde, rächt sich nun Divko an seiner von der gleichen Schauspielerin dargestellten Ehefrau.

Tanovic gelingt es, die Irrationalität eines Krieges im Kleinen darzustellen, auf einzelne Personen zu reduzieren und in einem Kleinstadtkontext erfahrbar zu machen. Das Personal besteht aus politischen Wendehälsen, Scharfmachern, jungen Aktivisten und all den Mitläufern. Einzelne Themen und das Rachemotiv scheinen Friedrich Dürrenmatts Theaterstück Der Besuch der alten Dame entliehen zu sein. Und so handelt Divko nach dem Grundsatz "Mit Geld kann man alles kaufen". Er hat aber auch gelernt, dass man trotzdem nicht alles haben kann.

18.02.2024

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