Anne liebt Philipp Norwegen 2011 – 83min.

Filmkritik

Erste Liebe und andere Sorgen

Peter Osteried
Filmkritik: Peter Osteried

Die norwegische Produktion basiert auf dem erfolgreichen Jugendbuch von Vigdis Hjorth und erzählt auf authentische Art und Weise von der ersten Liebe. Und davon, wie schmerzhaft sie sein kann.

Anne ist zehn Jahre alt. Anders als ihre Mitschüler ist sie noch nicht an Liebesbriefen und dergleichen interessiert. Doch das ändert sich, als ein neuer Junge in die Stadt und auch in ihre Klasse kommt: Philipp. Ganz plötzlich ist Anne bis über beide Ohren verknallt, aber um Philipp für sich zu erobern, muss sie sich erst noch mit der in jeder Beziehung perfekten Ellen messen. Dabei lernt sie schon früh eine Lektion fürs Leben: Im Krieg und in der Liebe ist alles erlaubt. Oder nicht?

Der Film ist aus der Sicht von Kindern erzählt. Es kommen Erwachsene vor, aber sie wirken wie Außenseiter, die mit ihren eigenen Problemen beschäftigt sind und gar nicht erkennen, was in ihren Häusern eigentlich vor sich geht. Dass es Liebe unter Zehnjährigen nicht gibt, mag man als Erwachsener sofort unterschreiben. Aber Anne liebt Philipp ist die Art Film, die zweimal nachdenken lässt. Man erinnert sich an die eigene Kindheit, an jene Zeit des Übergangs, kurz bevor man zum Teenager wurde. Da gab es Liebe außerhalb der Familie, naiv und unschuldig natürlich, aber sie war vorhanden - und äußerte sich mit albernen Liebesbriefen, an deren Ende man ankreuzen musste, ob man verliebt war und mit jemandem gehen wollte.

Mit einem wundervollen, ehrlichen Skript an der Hand gelingt es Regisseurin Anne Sewitsky diese Zeit der Unschuld zu erwecken. Sie erzählt von Kindern, die langsam erwachsen werden müssen. Dabei erkennen sie, dass Taten Konsequenzen haben. Freundschaften auf die Probe gestellt und Liebschaften proklamiert werden. Als Zuschauer ist man überrascht, wie sehr man sich in die Gefühlswelt der Hauptfiguren einfinden kann, sind die Probleme, denen Anne und Co. sich stellen müssen, doch eigentlich klein und unscheinbar, fühlen sich für die Kinder jedoch unendlich groß an.

Unterbrochen wird die Handlung immer wieder durch eine Spukgeschichte, die sich die Kinder erzählen. In ihr geht es um ein Mädchen, das verliebt war, aber vom Vater verstoßen und eingemauert worden ist. Das ist ein bisschen gruselig, vor allem aber eine Metapher für Annes Leiden, fühlt sie sich vom Schicksal doch ähnlich verraten wie das Mädchen aus der Geschichte. Anne liebt Philipp ist eine in schönen Bildern verpackte Coming-of-Age-Story. Vielleicht nicht besonders originell, aber authentisch und frisch erzählt. Lockere Unterhaltung aus Skandinavien für Kinder jeden Alters.

18.07.2012

4

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