Atmen Österreich 2011 – 93min.
Filmkritik
Der lange Weg zur Freiheit
Mit seinem Regiedebüt gelingt dem österreichischen Schauspieler Karl Markovics die meisterhafte Studie eines jugendlichen Straftäters, der nicht nur physisch, sondern auch innerlich gefangen ist und einen Weg ins Leben erst finden muss.
Der 19-jährige Roman (Thomas Schubert) büsst eine fünfjährige Haftstrafe ab. Auf Bewährung könnte er aber bald entlassen werden. Um darauf vorbereitet zu werden und im neuen Leben leichter Fuss zu fassen, soll Roman schon jetzt einen Job antreten. Kein Angebot scheint dem verschlossenen Jugendlichen zunächst zuzusagen, doch dann bewirbt er sich ausgerechnet bei einem Bestattungsunternehmen.
Dort wird er von seinem Mitarbeiter (Georg Friedrich) zunächst genauso schikaniert wie von den Justizbeamten bei den peniblen Kontrollen bei seiner allabendlichen Rückkehr in die Haftanstalt. Von einem Gefängnis scheint er ins andere zu pendeln, doch langsam kommt in dem jungen Mann, der als Heimkind nie echte Freiheit kannte, etwas in Bewegung. Gerade die Auseinandersetzung mit den Toten und dem Tod scheint Roman ins Leben zurück zu bringen. Die neuen Erfahrungen bewegen ihn sich seiner Vergangenheit zu stellen, nach seiner leiblichen Mutter zu suchen und sich auch mit seiner Tat auseinanderzusetzen.
Einfach und geradlinig erzählt Karl Markovics diese Geschichte einer Befreiung und zweiten Menschwerdung. Die wortkarge und nüchterne Inszenierung korrespondiert kongenial mit dem Charakter des von Thomas Schubert gerade in seiner Zurückhaltung und Sprachlosigkeit grossartig gespielten Protagonisten. In kalten Farben, wiederkehrenden Einstellungen von engen Gängen und dem sich wiederholenden Alltag, der immer wieder in statischen Totalen eingefangen wird, kehrt Kameramann Martin Gschlacht die Isolation und innere Gefangenheit nach aussen. Trotz Cinemascope-Format stellt sich hier kein Gefühl der Freiheit, sondern vielmehr der Beklemmung und Verlorenheit ein. Und so verschlossen wie Roman ist zunächst auch der Film, bietet erst langsam Einblick in die Biographie des Jugendlichen, öffnet sich dann aber immer mehr und bringt am Ende auch die Tat ans Licht, die zur Haftstrafe führte.
Markovics versucht nicht zu emotionalisieren, zieht den Zuschauer aber gerade durch die Sachlichkeit und den genauen, fast dokumentarischen Blick in die Befindlichkeit seines Protagonisten hinein. Jede Einstellung und jeder Schnitt sind hier überlegt gewählt und auch die Konsequenz, mit der sich Motive wie das Atmen oder auch die Zugfahrten zwischen Gefängnis und Arbeitsstelle durch den Film ziehen, verleihen Atmen grosse Dichte und machen diese Studie zu einem Debüt von seltener Reife.
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Kommentare
Der Stockinger ist jetzt Regisseur: -)! Als bekennender Kommissar Rex-Fan musste ich mir diesen Film natürlich unbedingt ansehen und war begeistert. Grandios gespielt von Thomas Schubert. Ein sehr stiller, aber eindringlicher Film.
Souverän. Glaubwürdig. Sehr gute Besetzung. Nix wie hin, es lohnt sich.
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