Der Junge mit dem Fahrrad Belgien, Frankreich, Italien 2011 – 87min.
Filmkritik
Und plötzlich diese Zuversicht
Unfehlbarkeit ist nicht typisch Mensch, und entsprechend bei Filmemachern eigentlich nicht anzutreffen - selbst der hartnäckigste Woody Allen-Fan weiß ein Lied davon zu singen. Wenn man aber unbedingt nach Regisseuren suchen will, die sich tatsächlich keine Fehltritte erlauben, dann wird man am ehesten bei den belgischen Dardenne-Brüdern fündig.
Spätestens seit den belgischen Brüdern 1999 mit Rosetta der endgültige internationale Durchbruch gelang, haben sie jedenfalls nicht mehr gepatzt – und sind vom Festival in Cannes noch immer mit mindestens einem Preis abgereist. Auch Le gamin au vélo, ihr vierter Film seither und der achte insgesamt, stellt diesbezüglich keine Ausnahme dar. Wieder ist den Dardennes ein beeindruckendes Stück Kino gelungen, wieder gab es an der Croisette einen Preis (dieses Mal den Großen Preis der Jury). Doch die Geschichte des jungen Cyril (Thomas Doret), der sich im Kinderheim nach seinem Vater (Jérémie Renier) sehnt und schließlich zumindest an den Wochenende bei der liebevollen Friseurin Samantha (Cécile de France) Unterschlupf und eine Art neues Zuhause findet, fällt innerhalb ihres Werks trotzdem aus dem Rahmen.
Das liegt nicht zuletzt an der Mitwirkung von de France, Belgiens bekanntester Schauspielerin, die es zuletzt mit Hereafter schon bis nach Hollywood schaffte. Im von Laiendarstellern und bestenfalls noch Stamm-Schauspieler Renier (der einst als 14-Jähriger sein Debüt in La promesse gab) geprägten Dardenne-Universum ist sie als Star eigentlich ein Fremdkörper, doch das fällt in Le gamin au vélo keinen Moment lang auf. Wie organisch sie sich einfügt in Milieu und Arbeitsweise ihrer Regisseure, spricht für de Frances Können genauso wie für das der Dardennes.
Gleichzeitig ist es vor allem ihre großherzige Figur, die dem Film unerwartete Momente der Leichtigkeit verpasst. Überraschende Anflüge von Humor, strahlender Sonnenschein und ein Ende, das den Zuschauer mit einem Funken Hoffnung entlässt – das suchte man in der Tristesse der Dardennes sonst meist vergebens. Davon abgesehen aber setzen die Belgier aber natürlich auf alles, was auch bisher die besondere Qualität ihrer Filme ausmachte: Die naturalistischen Bilder und sparsamen Dialoge verströmen mehr Authentizität, als man sie sonst im Kino geboten bekommt, während die Liebe zum Detail der Geschichte eine lange nachwirkende Tiefe verleiht und in der Hauptrolle einmal mehr ein unerfahrener, aber sehr ernsthafter Jungdarsteller überzeugt.
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Kommentare
Mit Sicherheit eine vorbildliche Botschaft von uneigennütziger Nächstenliebe. Aber schlussendlich kommt es für meinen Geschmack zu belanglos daher.
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