CH.FILM

Manipulation Deutschland, Schweiz 2011 – 91min.

Filmkritik

Die Schweiz im Kalten Krieg

Geri Krebs
Filmkritik: Geri Krebs

Der Eröffnungsfilm der 46. Solothurner Filmtage: Pascal Verdoscis Polit-Thriller nach einem Roman von Matthias Diggelmann über die dunklen Machenschaften des Schweizer Staatsschutzes in den 1950er Jahren.

Als im Jahr 1956 in Ungarn der Aufstand gegen die kommunistische Diktatur von sowjetischen Truppen brutal niedergewalzt worden war, setzte in allen westlichen Ländern eine Hetzjagd gegen all jene ein, die man als Kommunisten verdächtigte. Dabei wurde in kaum einem andern Land Westeuropas eine Hysterie veranstaltet wie in der Schweiz. Bundesrat und Armeeführung begannen heimlich, eine Bewaffnung der Armee mit Atomwaffen voranzutreiben. Für dieses Ziel schienen alle Mittel recht.

Dieser Hintergrund war der Stoff, aus dem Walter Matthias Diggelmanns im Jahre 1962 erschienener Roman "Das Verhör des Harry Wind" gewoben ist. Der Querkopf verarbeitete darin seine Erfahrungen, die er als Werbetexter beim Zürcher "Büro Farner" gemacht hatte, der ersten Agentur für politische PR in der Schweiz. Rudolf Farner, im Film gespielt von Sebastian Koch, hatte Anfang der 1950er in den USA gelebt und dort Senators McCarthys berühmt-berüchtige Methoden suggestiver Propaganda in der Politik kennen gelernt, war beeindruckt davon und gründete nach seiner Rückkehr in die Schweiz sein "Büro". Eines der ersten Opfer Farners war der beliebte Radioreporter Werner Eiselin. Mittels gefälschten Dokumenten wurde er als Sowjetspion überführt - in der U-Haft nahm er sich das Leben. Die Verhöre hatte der pflichtbewusste Bundespolizist Rapold (Klaus Maria Brandauer) gespielt. Eiselins Geschichte bildet den Ausgangspunkt in einem dichten Netz aus Paranoia, Skrupellosigkeit und Grössenwahn.

In düsteren Bildern mit Aufnahmen von kafkaesken Büroräumen evoziert Manipulation eine Welt, wie man sie aus US-Politthrillern kennt. Aber auch Das Leben der anderen steht hier Pate. Zwar bemüht sich Manipulation immer wieder - mit viel Voice-Over, Zwischentiteln und in ausschliesslich hochdeutschen Dialogen - den Schweizer Kontext hervorzuheben. Aber das gelingt ihm nur mässig, es spielt auch kaum eine Rolle. Letztlich wird hier eine universelle Geschichte aus einem alptraumhaften Polizeistaat erzählt, in dem der treue Staatsdiener Rapold langsam den Boden unter den Füssen verliert, als er der Abgünde gewahr wird, die sich ihm öffnen, als er Eiselin verhaften lässt.

Wenn man etwas an Manipulation kritisieren kann, ist es sein zu spätes Erscheinen - nach dem Fichenskandal vor gut 20 Jahren wäre der Film brisant gewesen. Heute ist er einfach noch unterhaltsam, spannend und beklemmend. Aber das ist nicht wenig für eine internationale Produktion aus der Schweiz.

22.07.2024

4

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Kommentare

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filmfan51

vor 13 Jahren

intelligenter Plot, grossartige Schauspieler, bemerkenswerte Parabel über Filz und Macht.


Electroman

vor 13 Jahren

Endlich wieder einmal ein Schweizer Film, welcher auch auf dem internationalen Parkett bestehen kann. Obwohl die Handlung in den 50ern angesetzt ist, hat die behandelte Thematik nichts an Aktualität eingebüsst. Herausragende Protagonisten (Klaus Maria Brandauer, Sebastian Koch) runden das Bild ab.Mehr anzeigen


klqwvb

vor 13 Jahren

.. schlicht eine Zumutung.. langweilig und ein Thema das zum gähnen anregt.. ein typischer Schweizerfilm. Wird auf dem internationalen Parkett betimmt ein Flop!


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