Monsieur Lazhar Kanada 2011 – 94min.

Filmkritik

Schule des Lebens

Rolf Breiner
Filmkritik: Rolf Breiner

Eine Lehrerin hat sich in einem Schulzimmer aufgehängt. In dieser Situation stellt sich ein neuer Lehrer aus Algerien vor, und er gewinnt die Herzen der Schüler. Beherztes kanadisches Kino – für den Auslandsoscar nominiert und in Locarno mit dem Publikumspreis bedacht.

Montreal, ein Pausenplatz im Winter. Der Junge Simon (Emilien Néron) holt Milchpackungen für Mitschüler. Auf seinem Weg im Schulgebäude kommt er am Klassenzimmer vorbei und entdeckt eine Frau am Strick: Seine Klassenlehrerin Martine hat sich aufgehängt. Ein Schock für Schüler und Lehrkörper. Da taucht ein etwa 50-jähriger Mann mit afrikanischen Wurzeln auf. Monsieur Bachir Lazhar (Fellag), ein Emigrant aus Algerien, bewirbt sich um die vakante Stelle und wird von der kulanten Schulleiterin angenommen. Es gelingt ihm jedoch, das Vertrauen der Kinder zu gewinnen. Besonders Simon rückt in den Blickpunkt. Seine Freundin Alice (Sophie Nélisse) macht ihm Vorwürfe, beschuldigt ihn gar, am Selbstmord der Lehrerin mitschuldig zu sein.

Philippe Falardeaus feinfühliger Film ist auf die Schule fokussiert, auf die Geschehnisse rundum die Lehrerin, deren Stelle Monsieur Lazhar übernimmt. Das Private wird nur angedeutet. Der Fremdling, der zum väterlichen Freund und Vertrauten der Schüler wird, ist ein Idealist, der selber am Verlust seiner Familie leidet. Die Empfindungen der Kinder, besonders das Verhältnis zwischen Alice und Simon, werden sensibel dargestellt. Der Lehrer freilich, der aus der Fremde kam und im kanadischen Montreal neuen Lebenssinn und -aufgaben sucht, ist nur Leitfaden oder besser: die Leitfigur eines Alltagsdramas. Problematische Fragen über Eltern und Schule, Regeln und Bevormundung, beispielsweise durch Verbote (keine körperlichen Kontakte, keine gut gemeinten Umarmungen) werden leider nur am Rand aufgeworfen.

Das zentrale Thema des Films heisst Verlustbewältigung. Wie alles in diesem unspektakulären, fast dokumentarischen Kinostück wird sie skizziert, berührt, aber nicht bewältigt. Ein denkwürdiges Fragment. Basierend auf einem Theaterstück von Evelyne de la Chenelière, gewinnt der Kanadier Philippe Fatardeau vielleicht gerade durch seine einfach gestrickte, unvollendete Schulepisode die Herzen des Publikums. Der verdiente Lohn: eine Nomination für den Auslandsoscar 2012 und der Publikumspreis am Filmfestival Locarno 2011.

17.02.2024

4

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Kommentare

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holiday88

vor 12 Jahren

Ein hervorragender Film mit viel Tiefgang!


funbelt

vor 12 Jahren

Eher ein ruhiger Film, aber er bietet sehr viel. Ein sensibles Bild des Lehrberufs und seiner verschiedenen Facettetn. Ein Porträt verschiedener Menschen und ihrer Entwicklung. Ein Porträt der Gesellschaft in ihren positiven und negativen Seiten. Man kann nachdenken, oft schmunzeln, traurig sein und das in einem Rhythmus, der nie Langeweile aufkommen lässt, trotz des ruhigen Tempos.Mehr anzeigen


Ninli 27

vor 12 Jahren

na ja


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