Nairobi Half Life Deutschland, Kenia 2012 – 96min.
Filmkritik
Ein Traum im Grossstadtdschungel
Die Stadt lockt, sie ist Versprechen und Versuchung. Auch der junge Mwas versucht sein Glück in Nairobi. Er will Schauspieler werden und schliesst sich einer Gang an. David «Tosh» Gitonga zeichnet in seinem Drama ein authentisches Bild zwischen Idealismus und Wirklichkeit.
Burschen packen einen Passanten, schütteln ihm quasi die Taschen aus. Nächtens, aber tagsüber ziehen sie durch die Strassen, klauen Handys und Handtaschen, montieren Pneus oder Autoscheinwerfer ab. Die Grossstadt zeigt ihr räuberisches Gesicht. Das erlebt der junge Mwas, der eigentlich George Mwangi heisst und vom Lande kommt. Er möchte Schauspieler werden, landet in Nairobi und unschuldig im Knast. Er lernt Oti (Olwenya Maina) und seine Gang kennen. Mwas wird zum Räuber und nutzt sein schauspielerisches Talent in heiklen Situationen. Das Geschäft mit dem Autoklau läuft bestens, bis einer der Gangster stirbt. Ein korrupter Polizeioffizier kassiert Mwas und seine vier Kumpanen ein und sperrt sie weg. Werden sie geopfert für die Öffentlichkeit?
Die Hoffnung stirbt zuletzt, aber nicht auf der Bühne. Dort gibt es immer Fluchtwege. Das Spiel, das Leben heisst, geht weiter. Der Kenianer David «Tosh» Gitonga beschreibt mit Nairobi Half Life ein Stück Wirklichkeit zwischen Slums und Bühne. Sein Film mit Joseph Wainmu als tatendurstigem Schauspielenthusiast erweist sich als dramatisches Zeitdokument. Schauplatz ist Nairobi mit seinen Sonnen-, vor allem aber Schattenseiten, realistisch und authentisch gefilmt (Kamera: Christian Almesberger).
Gitongas Debütfilm taucht in die Stadt, dokumentiert pulsierendes, auch kriminelles Leben. Die Streifzüge durch Gossen und Boulevards, in Freudenhäusern, die Raubzüge der Gang und die eher stillen Theatermomente bei Proben der Schauspieler fügen sich zu einem Kaleidoskop. Es ist das Jagdrevier und die Bühne von Mwas, der in die Kriminalität abdriftet ist.
Der Film deutet das Sozialgefüge und gewalttätige Umfeld etwas schemenhaft an. Die Zeichnung der Figuren, der Verhältnisse der Protagonisten zueinander bleiben skizzenhaft. Das betrifft sowohl Mwas' Beziehung zu einer jungen Prostituierten wie auch zum Gangsterpartner Oti, einem Polizeioffizier und den Theaterleuten. Gitongas Film, der in einem Gewaltakt förmlich explodiert, versteht sich nicht als nicht als Popcorn-Gangsterstreifen, sondern dokumentiert ein Stück Stadt. Interessant bei diesem Werk ist auch, dass Tom Tykwer samt gemeinnützigem Verein «One Fine Day» das Projekt auf die Beine gestellt hat. Man engagiert sich, will Kunst, auch Filmkunst, in benachteiligten Regionen fördern.
Sie müssen sich zuerst einloggen um Kommentare zu verfassen.
Login & Registrierung