Straight Outta Compton USA 2015 – 147min.

Filmkritik

Zwischen Hood und Hollywood

Gaby Tscharner
Filmkritik: Gaby Tscharner

Dr. Dre und Ice Cube bringen die Geschichte ihrer Rap-Crew N.W.A. auf die Kino-Leinwand und liefern eine noch immer aktuelle Geschichtsstunde, nicht nur für Rap-Fans.

Compton, Mitte der 80er Jahre. Eines der härtesten Viertel von L.A., voller Drogenhandel, Gangs und Polizeibrutalität. In diesem Milieu wuchsen O´Shea Jackson (gespielt von Ice Cubes Sohn O´Shea Jackson Jr.), Eric Wright (Jason Mitchell) und Andre Young (Corey Hawkins) auf und gaben ihrem Frust in Form von Rap Versen eine explosive Stimme. Als Ice Cube, Eazy-E und Dr. Dre formierten sie mit DJ Yella und MC Ren die Rap Crew N.W.A., die mit ihren sozialkritischen Texten und starken Beats die Musikwelt revolutionierte. Als das Establishment an die Türe der Gangsta-Rapper klopft, wird die Freundschaft der Jungs auf die Probe gestellt.

Mit Straight Outta Compton erzählen die heute etablierten Musiker und Produzenten Ice Cube und Dr. Dre die Geschichte, wie ihre Crew Gangsta-Rap salonfähig machte. Gerappt wurde von der Sugarhill Gang oder Blondie zwar schon Ende der 70er Jahre in der Disco. N.W.A.s Hymnen wie "Fuck the Police" oder "Boyz-n-the-Hood" waren aber Protestsongs junger, schwarzer Künstler. In Vers-Form erzählten sie einem Vorstadt-Publikum Geschichten vom harten, ungerechten Leben im Ghetto, wo korrupte und rassistische Polizisten regieren. Compton liegt geografisch zwar nur einige Kilometer südlich von Hollywood, ist in Tat und Wahrheit aber Welten vom Glanz der Filmmetropole entfernt.

Regisseur F. Gary Gray, der mit Ice Cube die Friday Komödien realisiert hat, versucht, die Geschichte von N.W.A. so objektiv wie möglich zu erzählen. Gleichzeitig fungieren die im Film dargestellten Figuren als Produzenten und Geldgeber. Das führt bisweilen zu schwelgerischen Aufnahmen von clichéträchtigen, Musik-Video-artigen Partys mit vielen nackten Frauen oder zur Einführung von Figuren wie Snoop Dogg (Keith Stanfield), dessen Präsenz im Film lediglich seiner Eitelkeit und nicht dem Verlauf der Geschichte dient.

Die Stärke des Films liegt in seiner Darstellung des damaligen sozialen und politischen Klimas in den USA. Szenen von willkürlicher Polizeibrutalität gegen junge Schwarze, die sich lediglich zur falschen Zeit am falschen Ort aufhielten, sind heute im Zeitalter von "Black Lives Matter" noch immer aktuell. Geboren aus Frustration war Rap ein Sprachrohr und eine Waffe gegen die Ungerechtigkeit. Trotz opportunistischen Managern wie Jerry Heller (im Film gespielt von Paul Giamatti) und wahrhaftigen Gangstern wie Suge Knight (R. Marcos Taylor) wurden Ice Cube und Dr. Dre zu Stars und schliesslich zu Milliardären.

Der Erfolg dieses Musik-Stils zog dem "Gangsta"-Rap aber die scharfen Zähne und heute findet man ihn als trendiges Accessoire in zuckersüssen Pop-Songs von Taylor Swift und Justin Bieber. Straight Outta Compton erinnert die Zuschauer daran, wer N.W.A. waren und welche Bedeutung ihre Musik noch heute hat. Der Film ist eine Geschichtsstunde und es ist Zeit, dass wir aus der Geschichte lernen.

16.04.2024

4

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Kommentare

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Janissli

vor 6 Jahren

Auch wenn man Rapp nicht zu seiner Lieblingsmusik zählt, bietet der Film einen spannenden / interessanten Einblick in diese Szene.


Barbarum

vor 6 Jahren

Das Biopic kommt daher wie eine etwas unreflektierte Seifenoper und womöglich wäre eine etwas tiefgründigere Geschichte auch durchaus drinngelegen, doch man merkt, dass Ice Cube und Dr. Dre gleichzeitigig auch zu den Produzenten zählten. Als eine Schilderung eines bestimmten Ortes zu einer bestimmten Zeit jedoch ist "Straight outta Compton" durchaus sehenwert.Mehr anzeigen


Movie_Maniac

vor 7 Jahren

Sehr tolle Film-Biographie, die Dank der richtigen Menge an musikalischen Inhalten kurzweiliger daherkommt, als man es bei einer Länge von 2,5 Stunden erwarten würde. Die Geschichte wirkt glaubwürdig und authentisch. Auch wenn die Hauptdarsteller nicht gerade sympatische Figuren verkörpern, baut man dennoch eine Beziehung zu ihnen auf. Was aber ein bisschen stört, ist die viel zu modern wirkende Szenerie, die einem einfach nicht glauben lässt, dass die gezeigten Ereignisse vor rund 25 Jahren geschehen sind.
8/10Mehr anzeigen

Zuletzt geändert vor 7 Jahren


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