Neuland Schweiz 2014 – 93min.
Filmkritik
Lernen fürs Leben
Die Filmemacherin Anna Thommen begleitete zwei Jahre lang eine Basler Integrationsklasse. Im Schulraum, aber auch ausserhalb der Unterrichtszeiten.
Egal, welche Erfahrung sie in ihrer Heimat gemacht hätten; geschlagen würden die Schüler von ihm ganz sicher nicht. Das stellt Lehrer Christian Zingg von Anfang an klar. Zugleich aber fordert er von den Jugendlichen, die neu seine neue Klasse bilden, unmissverständlich Disziplin ein. Die Message scheint bei den Migranten anzukommen, die zwischen 16 und 20 Jahren Jahre alt sind, erst seit kurzer Zeit in der Schweiz leben, zumeist schlechtes Deutsch sprechen, mit der Kultur nicht oder wenig vertraut sind.
Um den Weg in ein normales Leben zu finden, nehmen sie teil am Programm der Basler Integrations- und Berufswahl-Klassen IBK, ein dem 10. Schuljahr verwandten Brückenprojekt. Hier sammelt sich die Welt in einem Raum – das war auch einer der Motivationspunkte von Filmemacherin Anna Thommen, die Klasse vom ersten Schultag weg über die beiden Schuljahre zu begleiten.
Dabei belässt es Thommen nicht beim Schulzimmer als alleinigem Schauplatz. Hier mag Deutsch und Mathematik gelernt werden, das Verfassen eines Lebenslaufes, oder die Handhabung eines Telefonates mit einem potenziellen Lehrbetrieb. Die Lebensgeschichten aber, die entfalten sich dem Zuschauer ausserhalb der Unterrichtszeiten. Dann folgt Thommen drei ausgewählten Schülern in deren Umfeld hinein. Und erst hier wird klar, wie schwer der Rucksack der Einwanderer tatsächlich wiegt. Der Afghane Ehsanullah etwa kommt auch nach der erteilten Aufenthaltsbewilligung innerlich nicht zur Ruhe: Hohe Schulden, die örtliche Trennung von der Familie und die ungewisse Zukunft belasten den 19-jährigen psychisch stark.
Anna Thommen beobachtet den unebenen Weg, den Ehsanullah und seiner Mitschüler begehen, aus unmittelbarer Nähe. So wird Neuland zur Innenansicht einer Welt, die mehrheitlich parallel und berührungslos zu der des Schweizer Bürgers verläuft. Die Ängste dieser zugewanderten Menschen macht der Film genauso sichtbar wie ihre Anstrengungen und Schwierigkeiten, mit der hiesigen Kultur zu verwachsen.
Nicht zuletzt wird man in Neuland aber auch auf die Personen aufmerksam, welche solchen Jugendlichen die Eingliederung ermöglichen. An erster Stelle steht hier Lehrer Christian Zingg, der sich mit Chuzpe, Engagement und grossem Idealismus in den Dienst der jungen Ausländer stellt. Erfreulich ist es überdies zu sehen, dass es auch bei den Arbeitgebern in spe keine Ressentiments gegenüber den Migranten zu geben scheint. Nicht jeder Schweizer denkt bekanntlicherweise so xenophil – das macht Neuland zu einem dringlichen Film, der pauschalen Meinungen und engstirnigen Denkmustern entgegenzuwirken weiss.
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Kommentare
Sehenswert für Jung und Alt. Was man im Leben erreichen kann, wenn man nicht aufgibt und seine Träume verwirklichen will.
Ein wirklich sehenswerter Film, den jeder Pädagoge gesehen haben sollte.
Eindrücklich, man interessiert sich auf einer sehr persönlichen Ebene für die Zu-Integrierenden, ihre Schicksale und ihren Lehrer.
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