The Disappearance of Eleanor Rigby USA 2014 – 190min.

Filmkritik

Zweisam einsam in New York

Michael Lang
Filmkritik: Michael Lang

Eleanor und Connor sind ein New Yorker Paar mit Zukunftsvisionen. Doch nach einem schweren Schicksalsschlag trennen sich ihre Wege schmerzvoll. Im feinfühligen Spielfilmdebüt forscht nun der amerikanische Regisseur Ned Benson nach dem Rätsel dieser verätzten Liebe. Sein Drama ist formal einnehmend gestaltet und stark besetzt, unter anderem mit Jessica Chastain, James McAvoy, William Hurt oder Isabelle Huppert.

Vom Verlust ihres Babys traumatisiert versuchen Eleanor und Connor zu überleben. Sie kehrt zurück zu ihrer überfürsorglichen Familie: Zum Vater (William Hurt), einem Psychiater, zur Mama (Isabelle Huppert), die eine Karriere als Musikerin für die Familie geopfert hat. Und zur alleinerziehenden Schwester, die einen Mann sucht. Connor, rebellischer Sohn eines desillusionierten, erfolgreichen Gastronomen, zieht nach dem Konkurs seiner eigenen Bar beim Papa ein. Und wird wieder mit Vater-Sohn-Konflikten konfrontiert, die er für abgehakt gehalten hatte.

Für Eleanor und Connor bedeutet der Rückzug in die eigene Vergangenheit mehr Rückschritt denn segensreiche Therapie. Im Film geht es nun darum, die Chancen für die Renaissance der versehrten Beziehung auszuloten. Regisseur Benson und seine frühere Lebenspartnerin Jessica Chastain (sie spielt die Eleanor mit Hingabe), haben das ambitionierte Projekt gemeinsam entwickelt. Weitgehend überzeugend, wenn man von einigen Dialogen absieht, die zuweilen arg gestelzt wirken und nicht so recht zum formal gut eingefangenen Big-Apple-Rhythmus passen.

Die Idee, eine Liebestragödie in zwei Filmen aus der Sichte des Mannes ("Him") und der Frau ("Her") zu erzählen ist faszinierend. Und schwierig: Wo ist eigentlich festgehalten, dass die Wahrnehmung von (Un)glück gendermässig unterschiedlich sein muss? Benson und Chastain finden dafür taugliche Antworten, indem sie Teile der in sich abgeschlossenen Filme ergänzen, originell repetieren, in gewissen Momenten subtil verändern.

Um diese Raffinessen wahrzunehmen ist ein emotional offenes, sensitives Publikum gefragt. A propos: The Disappearance of Eleanor Rigby hatte 2013 beim Toronto-Filmfestival Premiere und wurde dann am Festival von Cannes als zusammengeschnittene Version ("Them") vorgestellt, weil die US-Produzenten die kommerziellen Chancen des überlangen Originals als gering einstuften.

Gut, dass in der Schweiz das Drama nun in der angedachten Form - zwei Filme in einem Programmblock – zu sehen ist. Als eine komplexe, erstaunlich spannungsvolle Lovestory, die wie der titelgebende Beatles-Song "Eleanor Rigby" mit dem Refrain "All the lonely people / Where do they all belong?" eine melancholisch-berührende Note hat.

16.04.2024

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